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Sport: Frankfurter Senioren

Beim Eishockey-Klub vom Main schützt gehobenes Alter nicht vor langfristigen Verträgen

Berlin. Mit einem herzergreifenden Auftritt hatte sich Marc Fortier im Frühjahr 2002 aus Berlin verabschiedet. „Ich bleibe immer ein Eisbär", hauchte er zum Saisonabschluss im Sportforum Hohenschönhausen ins Mikrofon. Der Kapitän – das dachten danach viele Fans des Klubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) – ging ungern fort. Ein Trugschluss. Böse war Fortier über den Wechsel nicht. Denn es gab da einen Arbeitgeber, der ihm mehr bot als der EHC Eisbären. Einem 36-Jährigen einen gut dotierten Vertrag für zwei Jahre zu geben, so etwas machen nur die Frankfurt Lions, ein Klub mit vielen Sponsoren, geduldigen Fans und lustigen Managern.

Als Fortier nach Frankfurt kam, wusste er, was die Leute von ihm hören wollten. Also sprach er: „Ich wollte zu einem Klub, der ebenso gut oder besser ist als die Eisbären.“ Zudem sei bei den Lions „die Stimmung super und auch Schwung in der Kabine".

Ähnlich werden einige andere Herren gedacht haben. Denn bei den Lions schützt Alter nicht vor langfristigen Verträgen. Stephane Richer (36) freute sich ebenso wie Paul Stanton (35) über einen Zweijahresvertrag. So schwungvoll wollte es aber nicht losgehen am Main. Richer, angeschlagen aus Mannheim gekommen, fiel nach elf Spielen verletzt für den Rest der Saison aus. Der Amerikaner Rusty Fitzgerald war zwar mit 30 Jahren für Frankfurter Verhältnisse gerade dem Nachwuchsalter entwachsen, kurvte aber nur 17 Partien übers Eis und verabschiedete sich dann als Sportinvalide aus Frankfurt.

Eingefädelt wurden die unglücklichen Deals von Bernie Johnston. Der Kanadier gilt als einer der skurrilsten Vertreter der Szene. Vor ein paar Jahren kündigte der Manager Stürmer Ilja Worobjew, weil der sich beim Warmlaufen mit einem Gegner unterhalten hatte. Johnston war früher schon mal Trainer und Manager in Frankfurt, musste gehen, durfte wiederkommen und entließ sich Ende November 2002 selbst. Johnston wusste, dass wieder mal nichts bei den Lions zusammenlief, und es sich abzeichnete, dass die Play-offs zum dritten Mal in Folge ohne Frankfurt stattfinden würden.

Elf Punkte beträgt inzwischen der Rückstand auf Platz acht vor dem Spiel der Lions am Sonntag gegen die Eisbären. Aber exakt zum Zeitpunkt des Rücktritts von Johnston wurde der Vertrag mit Trainer Lance Nethery bis 2004 verlängert. Die Ära Nethery droht rekordverdächtig lang zu werden: Der letzte Coach, der in Frankfurt ein Jahr durchhielt, war Piotr Worobjew (Saison 1994/95).

Nethery sucht nun für die nächste Saison „junge, hungrige Leute“. Gleichzeitig geht er auf Distanz zur jetzigen Truppe, vermisst „Herz und Leidenschaft". Selbstschutz? „Es gibt Momente an der Bande, da bin ich froh, dass ich keinen Schläger in der Hand habe", sagte Nethery zuletzt nach einer Niederlage. „So etwas wie mit dieser Mannschaft habe ich noch nie erlebt.“

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