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Frauenfußball: Die Ausrede des Jahres

Neulich wurde der Frauenfußball von einer Meldung aufgeschreckt, die unschöne Assoziationen hervorrief. Über eine seltsame Tätlichkeit.

Der Frankfurter Trainer Sven Kahlert, so hieß es, habe sich im Bundesliga-Spitzenspiel bei Turbine Potsdam zu einer Tätlichkeit gegen die Potsdamerin Tabea Kemme hinreißen lassen. Da stellte man sich Schlimmes vor. Der ergänzende Hinweis, Kahlert habe damit eine brutale Aktion Kemmes gegen seine Spielerin Kerstin Garefrekes gerächt, machte eher alles noch schlimmer: Massenprügeleien beim Frauenfußball?

In Wahrheit war alles halb so wild. Wer sich das entsprechende Filmchen im Internet anschaut, sieht Tabea Kemme beim Einwurf, und offenbar genervt über die direkt vor ihr stehende Gegnerin, wirft sie ihr den Ball an den Kopf. Das sieht blöd aus, tat sicher auch weh, doch darf als gesicherte Erkenntnis gelten, dass Kerstin Garefrekes inzwischen wieder feste Nahrung zu sich nehmen kann. Ach ja, und dann kommt Trainer Kahlert und gibt Kemme einen leichten Schubs. So sehen Tätlichkeiten aus.

Unterhaltsam sind die Wortbeiträge danach. Während Kahlert Verbalinjurien der Potsdamer Zuschauer beklagte, bewarb sich Tabea Kemme um die Ausrede des Jahres: „Mir ist der Ball aus den nassen Händen gerutscht.“ Am schönsten aber ein Turbine- Sponsor, der auf der Pressekonferenz angebliche Provokationen der Ex-Potsdamerin Nadine Angerer beklagte: „Dabei habe ich ihr doch damals ein Auto gebaut!“ Da steht wohl ein Schenkungswiderruf wegen groben Undanks ins Haus. Wem der Männerfußball mittlerweile zu gelackt ist, der sollte vielleicht mal ein Spiel der Frauenliga besuchen. Dort findet es sich noch, das pralle Leben.

Jens Kirschneck schreibt an dieser Stelle über Frauenfußball. Stefan Hermanns blickt auf den deutschen Fußball und Markus Hesselmann beschäftigt sich in seiner Kolumne mit dem Ausland.

Jens Kirschneck

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