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Sport: Frauenfußball-EM: Der Sieger zahlt

Eine ungewöhnliche Warnung hat gestern der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ausgesprochen, eine Warnung vor unnötigen Reisestrapazen, Frust und Tränen. Fans, bleibt zuhause, lautete die Nachricht, macht es euch vor dem Fernseher bequem.

Eine ungewöhnliche Warnung hat gestern der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ausgesprochen, eine Warnung vor unnötigen Reisestrapazen, Frust und Tränen. Fans, bleibt zuhause, lautete die Nachricht, macht es euch vor dem Fernseher bequem. Reist bloß nicht ohne Eintrittskarten nach Ulm zum Finale der Frauenfußball-Europameisterschaft zwischen Deutschland und Schweden (15 Uhr, live in der ARD). Nicht, dass man den Spielerinnen, die in der Bundesliga vor durchschnittlich 300 Fans antreten, nicht jeden Zuschauer gönnen würde. Nur, es sind zu viele, die sich nach dem 1:0 im Halbfinale gegen Olympiasieger Norwegen für die kickenden Frauen interessieren. Am Donnerstag Abend gab es noch 500 Restkarten.

Wenn sich kartenlose Karawanen heute wie an den vergangenen Wochenenden in ganz Deutschland in Bewegung setzen, werden sie am Donaustadion ein Schild vorfinden mit der Aufschrift: Ausverkauft. Dass der Zuschauerrekord des EM-Finales von 1989, wo 23 000 Menschen in Osnabrück den deutschen Sieg feierten, nicht eingestellt wird, hat einen simplen Grund: Ins Ulmer Stadion passen nur 19 212 Menschen.

Und die sollen das Team von Bundestrainerin Tina Theune-Meyer zum Sieg brüllen. "Vom Publikum erwarte ich, dass es uns unterstützt, vom Team, dass es gewinnt, von mir, dass ich dazu beitrage", sagt Stürmerin Birgit Prinz. Für den Olympiadritten Deutschland wäre es der dritte EM-Sieg in Folge und der fünfte insgesamt. Schon einmal hieß der Endspielgegner Schweden, 1995 in Kaiserslautern. An das 3:2 erinnert sich Maren Meinert gerne: "Es war mein erstes großes Turnier, ich habe ein Tor geschossen." Auch das Finale 2001 wird Meinert in Erinnerung behalten: Die 27-jährige Profifußballerin der Boston Breakers bestreitet heute ihr letztes Länderspiel - Rückkehr ausgeschlossen. "Ich finde Comebacks schrecklich, auch bei anderen", sagt sie. Künftig wird sie statt für die Nationalmannschaft am Strand Beachvolleyball spielen, "zum Spaß, daraus wird keine Karriere".

Ein Abschied ist es auch für Rekordnationalspielerin Doris Fitschen (Philadelphia Charge), die heute zum 144. und letzen Mal das DFB-Trikot überstreift. Die Spiele der deutschen Mannschaft wird sie künftig kritisch verfolgen - als Expertin der ARD. Außerdem hat sie mit DFB-Vizepräsident Engelbert Nelle über eine Zusammenarbeit gesprochen, "nicht als Trainerin, sondern im Management". Heute sind noch einmal ihre Qualitäten als Abwehrchefin gefragt. Bei den bisherigen vier Siegen in vier Spielen steckte die deutsche Mannschaft nur ein Gegentor gegen Schweden ein. Hanna Ljungberg schoss im ersten Vorrundenspiel nach 14 Minuten die Führung für die Skandinavierinnen. Den 3:1-Sieg durch Tore von Meinert und Claudia Müller (2) mussten sich die Deutschen hart erkämpfen. Dennoch waren sie gestern zuversichtlich und gut gelaunt. Theune-Meyer erzählte von den Pfannkuchen mit Nutella als Stärkung fürs Finale, Meinert berichtete, dass "wir die schwedischen Spielerinnen", die im selben Hotel wohnen, "höflich grüßen", Claudia Müller erholte sich mit dem Mountainbike an der Donau. Und das ganze Team sang der Potsdamerin Madleen Wilder zum 21. Geburtstag ein Ständchen, während Turnierdirektor Willi Hink auf der Gitarre klimperte. Die einzige, die nicht fröhlich war, war Sandra Minnert. Die Abwehrspielerin fällt wahrscheinlich verletzt aus, für sie dürfte Ariane Hingst von Turbine Potsdam auflaufen.

Bei einem Sieg gegen Schweden, das im Halbfinale Dänemark mit 1:0 ausschaltete, erhält jede Spielerin 9000 Mark. Auf den DFB kämen noch weitere Kosten zu, für die Party heute Abend mit den Schwedinnen. Denn hier gilt: Der Sieger zahlt.

Helen Ruwald

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