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Neid

© dpa

Frauenfußball-EM: Immer am Lamentieren

Die deutschen Fußballerinnen gehen mit Respekt ins EM-Viertelfinale gegen Außenseiter Italien.

Aus der luftigen Höhe reichte der Blick kilometerweit in die umliegenden Wälder und Seen. Vom höchsten Punkt der riesigen Ski-Anlage in Lahti mit den drei Salpausselkä-Schanzen schauten die deutschen Fußball-Nationalspielerinnen auch Richtung Helsinki, dem Schauplatz von Halbfinale und Finale der Europameisterschaft. „Das ist echt beeindruckend“, sagte Kerstin Garefrekes. Unten in der Tiefe, wo die Skispringer zur Landung ansetzen und auslaufen, sahen sie den Tatort ihrer nächsten, sehr viel erdverbundeneren Aufgabe. Das DFB-Team trifft am Fuß der Schanzen im EM-Viertelfinale am Freitag (15 Uhr, live auf ZDF und Eurosport) auf Italien. Das Wintersportzentrum ist im Sommer eine improvisierte Fußball-Arena.

„Jetzt wird es spannend“, sagt Nadine Angerer. Für die 30-jährige Torhüterin ist das Duell mit Italien eine familiäre Angelegenheit. Ihr Vater stammt aus Südtirol. „Meine halbe Familie lebt da“, sagte Angerer, die in Lohr am Main geboren wurde und viele Jahre für Potsdam spielte, ehe sie nach ihrem Kurzengagement in Stockholm zum 1. FFC Frankfurt wechselte.

Sie bezeichnet Italien „als Wunschgegner“. Seltsam genug, denn sie gibt auch zu: „Die Italienerinnen sind giftig, sehr aggressiv und willensstark. Und wenn der Schiedsrichter sich umdreht, bekommt man was ab.“ Ihre Teamkolleginnen und Bundestrainerin Silvia Neid sehen Italien erheblich weniger euphorisch. Für Neid steht Italien, das den Einzug in die K.o.-Runde als größten Erfolg seit 20 Jahren feiert, fast zu Unrecht im Viertelfinale. „Die Italienerinnen waren bei ihren Siegen gegen England und Russland jeweils das schlechtere Team.“

Aber auf dem Platz, das sagt die Cheftrainerin auch, würden die Italienerinnen mit ihren Stars Patrizia Panico und Melania Gabbiadini sowie Carolina Pini vom FC Bayern München mit größtem Selbstbewusstsein antreten. „Die schweben auf Wolke sieben.“ Das Auftreten des Vize-Europameisters von 1993 und 1997 empfindet Neid als „richtig unangenehm“. „Die Italienerinnen sind immer am Lamentieren, mit dem Schiedsrichter und den Gegenspielerinnen.“ Mit Grausen erinnert sich Silvia Neid an das letzte Duell im März 2007, das Deutschland 0:1 verlor. „Das war furchtbar. Schlechter geht es gar nicht.“

Birgit Prinz sieht das ähnlich. „Gegen die Italienerinnen ist es blöd zu spielen, sie sind nickelig.“ Die Siege in der Vorrunde gegen Norwegen (4:0) und Frankreich (5:1), ergänzt durch die schwache Vorstellung gegen Island (1:0), seien nur das Aufwärmprogramm gewesen. „Ich habe nach solch einer Vorrunde keine Lust, im Viertelfinale auszuscheiden.“

Das Grün an den Schanzen von Lahti war für einige Spielerinnen auch ein angenehmer ästhetischer Kontrast. Das Mannschaftshotel liegt mitten in Lahti, und wenn einige Spielerinnen aus ihrem Fenster blicken, sehen sie die grauen Wände eines Hinterhofs oder Entlüftungsschächte.

Gregor Derichs[Lahti]

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