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Sport: Freigestellt für einen Tag

Der VfL Wolfsburg erteilt dem Deutsch-Iraner Dejagah trainingsfrei – DFB-Manager Bierhoff: Haben die Auswirkungen unterschätzt

Auf dem Gelände des VfL Wolfsburg begann der gestrige Trainingstag eigentlich wie sonst. Trainer Felix Magath hatte seine Spieler um sich geschart. Einer allerdings fehlte, weswegen dieser Wolfsburger Trainingstag doch kein ganz gewöhnlicher war: Ashkan Dejagah. Die Weigerung des Deutsch-Iraners, am Freitag für die deutsche U-21-Mannschaft in Tel Aviv gegen Israel zu spielen, ist zu einem Politikum geworden. Während die Mannschaft von U-21-Trainer Dieter Eilts gestern in Israel landete, hatte der Wolfsburger Trainer Felix Magath seinen Spieler Dejagah vom Training befreit. Eine Meldung, wonach der Wolfsburger Profi auf Druck des Anteilseigners VW suspendiert worden sei, dementierte Magath: „Ashkan ist nicht suspendiert worden. Er wird weiterhin mit der Mannschaft trainieren.“ Nur eben gestern nicht.

Unterdessen hat der Fall nun auch die Bundesregierung erreicht. Der Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte gestern in Berlin, dass man sich in diesen Fall nicht einmischen wolle. Das sei in erster Linie eine Angelegenheit des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Dass DFB-Präsident Theo Zwanziger das Gespräch mit Dejagah suchen will, sei aber sicherlich „der richtige Ansatz“.

Zu diesem Gespräch wird es in der nächsten Woche kommen. Dann will Zwanziger mit Dejagah über dessen Motive für die Absage sprechen. „Er hat durch seine Aussagen die Sache etwas fehlgeleitet“, sagte Zwanziger gestern nach der Landung in Israel. „Wenn er sich aber mit dem identifiziert, was im Iran gepredigt wird, werden wir das nicht akzeptieren.“ Der DFB-Präsident zeigte aber auch ein gewisses Verständnis für Dejagah. Der Fußball könne „kein Reparatur-Apparat für die deutsche Gesellschaft“ sein: „Ich weiß, dass wir einem 21-Jährigen, der nur Fußball spielen will, viel zumuten.“ Am Vortag hatte Zwanziger mit Charlotte Knobloch gesprochen. Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden hatte den Ausschluss Dejagahs aus deutschen Auswahlteams gefordert.

„Ich rate, den Ball etwas flacher zu halten“, sagte Michael Vesper im ZDF. Vesper ist Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), er sagte, Man müsse die „persönlichen Gründe, die der Spieler geltend gemacht hat“, unterscheiden von politischen Begründungen. Dejagah hatte persönliche Gründe angeführt. „Er befürchtet Repressalien für seine Familie und will von diesem Spiel befreit werden. Dass das dann politisch umgemünzt worden ist, auch durch eine missverständliche Aussage von ihm selbst, das ist die andere Sache“, sagte Vesper. Der DOSB-Generalsekretär hat selbst iranische Verwandtschaft und kann sich Repressalien vorstellen. Iran sei eine Diktatur. Die Repressalien können „Job-Verlust oder Verhaftungen“ bedeuten, sagte Vesper.

In Berlin meldete gestern auch Oliver Bierhoff zu Wort. Neben der A-Nationalmannschaft fällt auch die U-21-Auswahl in die Zuständigkeit des DFB-Managers. „Das ist ein schwieriger Fall“, sagte Bierhoff. Er machte deutlich, dass eine solche Thematik den DFB immer mal wieder betreffen wird. Schließlich spielten in den deutschen Auswahlmannschaften zahlreiche Fußballer fremdländischer Herkunft. In einigen Fällen würden die Eltern einen „gewissen Druck“ auf ihre Kinder ausüben, etwa bei der Entscheidung, für welches Land der Sprössling denn künftig spielen soll. Der Manager erklärte, dass der DFB in der Vergangenheit auf die Bedürfnisse seiner Auswahlspieler Rücksicht genommen habe, wenn etwa ganz persönliche Gründe angeführt wurden, wie Schwangerschaften oder aber Todesfälle in der Familie. Darum aber gehe es im Fall Dejagahs nicht. „Deshalb können wir das Thema nicht einfach schwarz oder weiß sehen“, sagte Bierhoff. Er finde es schade, „dass sich der Junge über die politische Bedeutung keine Gedanken gemacht“ habe. „Fakt ist, dass wir von unseren Auswahlspielern eine klare Identifikation für unser Land und unsere Nationalmannschafen haben wollen“, aber im speziellen Fall räumt Bierhoff auch Versäumnisse beim DFB ein. Auf die Frage, ob der Verband alles richtig gemacht hätte, antwortete er: „Wenn man es heute so sieht, würde man es natürlich anders machen.“ Offenbar hat der DFB im Vorfeld nicht erkannt, welche Probleme sich beim Deutsch-Iraner Dejagah im Falle einer Nominierung für ein Länderspiel in Israel ergeben. „Vielleicht haben wir die Auswirkungen nicht so erwartet“, sagte Bierhoff. Der Fall werde jetzt intern analysiert und das Ergebnis bekannt gegeben.

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