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Sport: Freihändig auf Titelkurs

Fernando Alonso profitiert von Kimi Räikkönens Ausfall und gewinnt in Hockenheim

Die größten Probleme hatte Fernando Alonso in der Auslaufrunde: Der Renault des Spaniers schlingerte bisweilen bedrohlich über den Hockenheimring. Der Grund dafür war Alonsos eigenartige Jubelmethode: Seit Beginn der Saison feiert der 23-Jährige seine Grand-Prix-Erfolge, indem er ihre Anzahl mit den Fingern anzeigt. Nach seinem sechsten Saisonsieg musste er dazu gestern beide Hände vom Lenkrad nehmen. Fernando Alonso hatte gerade den Großen Preis von Deutschland vor Juan Pablo Montoya im McLaren und dem BAR-Piloten Jenson Button gewonnen. Weltmeister Michael Schumacher beendete sein Heimrennen als Fünfter. Sein Bruder Ralf kam im Toyota als Sechster ins Ziel, und Nick Heidfeld (BMW-Williams) wurde Elfter.

Dieser Grand Prix hat seine eigenen Geschichten, sie gehen weit über die Zahlen hinaus. Neben Alonsos Freihandfahrt sind da noch Kimi Räikkönen, die tragische Figur, und Juan Pablo Montoya, der nach seinem grandiosen Rennen sagte: „Ich bin frustriert.“ Und da ist der Sieger Alonso, der hinterher erklärte: „Mit Platz zwei wäre ich hochzufrieden gewesen.“ 35 Runden lang musste er das auch sein.

35 Runden lang fuhr Kimi Räikkönen auf Platz eins, von seinem furiosen Start an bis zu dem Moment, als eine kleine Rauchwolke aus seinem Auto stieg, sein McLaren-Mercedes noch ein paar Meter rollte und dann liegen blieb. Technischer K.o. wegen Hydraulikpoblemen und emotionaler K.o nach einem grandiosen Rennen und einem Vorsprung von mehr als zehn Sekunden. Wieder ein Ausfall. Schon beim Rennen in Imola ereilte Räikkönen in Führung liegend ein Defekt, auf dem Nürburgring brach ihm in der letzten Runde die Radaufhängung. Und jetzt Hockenheim, wo er noch nie in einem Rennen ins Ziel gekommen ist. Dabei hätte Räikkönen die WM noch mal spannend machen können, ein bisschen wenigstens.

Stattdessen blieb ihm nur ein Abgang mit starrem, ausdrucklosem Blick. Er ging mit gefrorenen Gesichtszügen ins Motorhome seines Teams, Minuten später verließ er die Strecke. „Was soll ich sagen?“, fragte er im Gehen. „Es ist enttäuschend, so weit in Führung liegend auszufallen.“

Fernando Alonso hat diesen Grand Prix nicht gewonnen, Kimi Räikkönen hat ihn verloren. Vielleicht war es auch ein Zeichen des Respekts vor dem überragenden Konkurrenten, dass Alonso sagte: „Ich fühle mich noch nicht als Weltmeister. Es gibt noch sieben Rennen, Kimi kann noch 70 Punkte holen.“ Der Spanier klang nicht ehrfurchtsvoll, aber es war auch kein Pflichtspruch, das hörte man. „Wir müssen uns anstrengen, dass wir in Sachen Geschwindigkeit zu McLaren-Mercedes aufschließen“, sagte Alonso noch. „Er wird nicht immer ausfallen.“

Neben ihm saß Juan Pablo Montoya. Der Kolumbianer stützte seinen Kopf auf seine linke Hand. Er wirkte ziemlich cool, aber das war er nicht. Montoya war in einem grandiosen Rennen vom letzten Startplatz auf Rang zwei gerast; gleich in den ersten Runden hatte er zehn Konkurrenten überholt. „Ging ganz einfach“, sagte er und machte mit seiner rechten Hand schlängelnde Bewegungen. „Aber ich wollte gewinnen“, sagte der 29-Jährige. Die Siegchance hatte er sich im Qualifying mit einem Dreher in der letzten Kurve allerdings selbst verbaut.

Aufgrund all dieser Ereignisse hat Fernando Alonso in der WM-Wertung nun 36 Punkte Vorsprung auf Räikkönen und 40 auf Michael Schumacher. Sein erster Titel dürfte dem Spanier kaum noch zu nehmen sein – vor allem, wenn er weiterhin so vom Glück und Räikkönen von technischen Defekten verfolgt wird. Nur um eines wird Fernando Alonso kaum herumkommen: Er wird sich bald einen neuen Siegesjubel ausdenken müssen.

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