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Sport: Fremde Bayern

Der Bremer Frings hat ein gespaltenes Verhältnis zu seinem ehemaligen Klub

Seine Lieblingszahl ist die 22. „Ich habe an einem 22. Geburtstag, ich habe am 22. geheiratet, da ist es doch auch nur logisch, dass ich gern die Nummer 22 auf dem Trikot trage“, sagt Torsten Frings. Also war es irgendwie auch selbstverständlich, dass der Fußball-Profi im Sommer bei seiner Rückkehr nach Bremen wieder die Nummer erhielt, die er zuvor auch auf dem Werder-Trikot getragen hatte. Gewiss eine Petitesse, doch trägt sie dazu bei, dass der 28-Jährige heute sagt: „Es war so, als sei ich nie weg gewesen.“ Und doch glaubt er, dass sich bei Werder ohne sein Zutun allerlei entwickelt hat: „Es ist drum herum mehr los, der Klub ist anerkannt und ein absoluter Spitzenverein geworden.“

Das mit allerlei Nebengeräuschen verbundene Wechselspiel zu den Branchenführern aus Dortmund und München hat Frings zwar eine Menge Reputation gebracht, doch in Wahrheit war er drei Jahre in einer Welt, die seine nicht ist. Das Desaster in Dortmund, der Rummel und das Stargehabe bei den Bayern waren ihm fremd. Frings sagt: „Ich möchte einfach meine Ruhe haben.“ Es sei ja kein Geheimnis, dass er sich „in München nicht wohl gefühlt hat“. Ergo dürfte das heutige Wiedersehen mit dem ehemaligen Klub ohne große Emotionen für ihn sein. „Ich freue mich, die Physiotherapeuten zu treffen. Aber das ist das Einzige. Sonst habe ich gegenüber dem FC Bayern keine Gefühle!“ Aus dem alten Kollegenkreis zählt er allein Torwart Oliver Kahn auf. „Das ist ein echter Freund, aber wir sprechen nie über Fußball.“

Wenn einer aus dem auf Zurückhaltung bedachten Werder-Zirkel überhaupt dazu taugt, das Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Bayern und Bremen am Samstag (15.30 Uhr) mit Sticheleien anzuheizen, dann ist es Frings. Unverhohlen geißelt er den Münchner Ergebnisfußball und lobt den Bremer Erlebnisfußball. Als er gefragt wurde, ob denn die Bayern wie Werder beim 4:3-Sieg in der Champions League einen 3:0-Vorsprung gegen ein Team wie Udine verspielt hätten, lästerte er: „Die hätten gar nicht 3:0 geführt! Ich habe das doch mitgemacht. Bayern schießt das 1:0, dann machen die hinten zu und vorne passiert nicht viel.“ Seiner Meinung nach spielt Werder den deutlich attraktiveren Fußball. „Die Bayern haben nur mehr Erfahrung.“ Realistisch räumt er immerhin ein, dass deshalb der Liga-Primus auch international eine Spitzenmannschaft sei. „Wir sind mit Werder erst auf dem Weg dahin.“

Diese Entwicklung treibt Frings nicht nur aus dem halbrechten Mittelfeld voran, sondern auch verbal. Keiner spricht in Bremen derart deutlich aus, was er denkt. Mal geißelt er die Abwehr, dann die Stürmer; er prangert an und provoziert. Etwa nach dem Udine-Spiel mit dem Spruch: „Wir denken vom Kopf ein Stück weit zu offensiv.“ Gleichwohl lassen ihm Thomas Schaaf und Klaus Allofs diese Freiheiten. „Frings ist ein abgezockter Hund und versteht was vom Fußball“, lobt Trainer Schaaf, „wir müssen uns auch mal reiben“, sagt Sportdirektor Allofs. Das ist es schließlich, was sie sich von seiner Rückkehr erhofft haben: Frings soll Führungsspieler sein. Bislang trifft das zu. Als Schwungrad eines offensiv ausgerichteten Mittelfelds spielt er eine Schlüsselrolle, überdies eine viel bessere als zuletzt in der Nationalmannschaft.

Der bei Rot-Weiß und Rhenania Alsdorf und später bei Alemannia Aachen groß gewordene Frings spielt vielleicht auch so gut, weil er sich so wohl fühlt in Bremen. Ins überschaubare Bremer Nachtleben taucht er so gut wie nie ein. So oder so fällt das nicht auf. „In München“, hat Frings einmal gesagt, „ist der eine oder andere Spieler nur in die Disco gegangen, damit er wenigstens so mal in die Zeitung kommt.“

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