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Der König ist zurück. Der beste Sandplatzspieler der Geschichte ist nach seiner langen Verletzungspause wieder in Bestform – und in Paris ohnehin kaum zu schlagen.

© dpa

French Open: Die Konkurrenz zittert vor Rafael Nadal

Beim zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres in Paris richten sich alle Augen auf Rafael Nadal. Der Rekordsieger spielt nach seiner langen Verletzungspause wieder furchteinflößend gut.

Novak Djokovic bemühte sich nonchalant zu wirken, als er den dicht gefüllten Saal im Stade Roland Garros betrat. Der serbische Weltranglistenerste setzte sein betont smartes Lächeln auf und schaute in die erwartungsvollen Gesichter der Journalisten. Doch bevor jemand ansetzen konnte, ließ Djokovic einen Sprecher verkünden, niemand dürfe ihn zur Auslosung der French Open befragen oder auch nur erwähnen, auf welche Gegner er treffen könnte. Er wolle nichts hören. Und schon gar nicht, ob Rafael Nadal in seiner Hälfte des Tableaus gelandet war oder nicht. Ein kurzes Raunen ging durch den Saal, aber die Journalisten folgten der eigenwilligen Vorgabe. Novak Djokovic hatte sich eine Blöße gegeben. Er wollte Rafael Nadal partout nicht in seinen Kopf lassen – und offenbarte genau damit, wie nervös ihn schon der bloße Gedanke an seinen großen Widersacher machte.

„Ich bin zurück“, hatte Nadal kurz zuvor bei der Auslosungszeremonie mit breitem Lächeln in die Menge gerufen, „ich bin sehr glücklich, dass ich wieder hier in Paris bin.“ Der 26 Jahre alte Mallorquiner hatte keinerlei Scheu zu sehen, dass er bereits im Halbfinale auf Djokovic treffen würde. Warum auch, denn die Tenniswelt zittert längst wieder vor dem Spanier.

Vor einem Jahr hatte Nadal Djokovic im Endspiel bezwungen und mit seinem historischen siebten Triumph in Roland Garros den legendären Björn Borg überflügelt. „Das war ein sehr emotionaler Moment für mich“, erinnert sich Nadal, „ich hätte das nie für möglich gehalten.“ Doch schon diesen Kraftakt hatte Nadal nur mit Schmerzen über sich gebracht. Zwei Wochen nach den French Open schied er in Wimbledon gegen die Nummer 100 der Welt, Lukas Rosol, in der zweiten Runde aus und verschwand danach für sieben Monate von der Tennisbühne.

Das so genannte Hoffa-Kastert-Syndrom, eine schmerzhafte Schwellung des Fettgewebes unterhalb der Patellasehne, plagte Nadal. „Mit den Problemen an den Knien werde ich bis ans Ende meiner Karriere leben müssen“, sagte er, und zwischenzeitlich stand zu befürchten, das Ende seiner Karriere wäre bereits gekommen. Immer wieder verzögerte sich Nadals Rückkehr, bis er im Februar in Südamerika sein spektakuläres Comeback begann: Acht Turniere spielte er seither und holte dabei sechs Titel. Auch drei Masters-Trophäen heimste er darunter ein, zuletzt in Madrid und Rom und sogar einen auf Hartplatz in Miami. Dieser Triumph im März war wohl der erstaunlichste von allen, denn Nadal hatte den stumpfen Untergrund vehement für seine andauernden Knieprobleme verantwortlich gemacht und eine Reform des Turnierkalenders gefordert. Es werde im Verhältnis viel zu wenig auf Sand gespielt, monierte Nadal nicht zum ersten Mal. Auf Hartplatz hatte er sich von jeher am schwersten getan, umso mehr überraschte es, wie überlegen Nadal in Miami spielte.

Es gab Zweifel an der tatsächlichen Schwere an der Verletzung von Nadal

Schnell wurde hinter vorgehaltener Hand an der tatsächlichen Schwere von Nadals Verletzung gezweifelt. Denn bisher galt die Faustregel: So lange, wie ein Sportler verletzt war, braucht er in etwa auch danach, bis er seine alte Form zurückerlangt. Nadal hatte diese Leitlinie mit links ad absurdum geführt. „Er ist einfach ein Jahrhundertspieler“, glaubt Carsten Arriens, der Teamchef des deutschen Davis-Cup-Teams, „auch wenn er nicht ganz fit ist, ist er immer noch besser, als alle anderen.“ Ähnlich sieht es Patrick Mouratoglou, der Trainer der Weltranglistenersten Serena Williams: „Rafael hat einfach diese Siegermentalität. Große Champions sind so viel selbstsicherer und kommen schneller zurück auf ihr Niveau.“ Roger Federer erhielt im Endspiel von Rom, dem 30. Duell mit dem Spanier, eine heftige Abreibung von Nadal, die auch den letzten Zweifel wegfegte, der Champion könnte noch irgendwie gehandicapt sein.

Nadal selbst gibt sich noch überrascht, dass der Erfolg so schnell zurückkam. „Wenn mir jemand vor fünf Monaten gesagt hätte, ich würde nach acht Turnieren sechs Titel gewinnen, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagte er. Doch der elfmalige Grand-Slam-Sieger wirkt, als sei er nie weggewesen. Sein unbändiger Wille ist ungebrochen, die Lust am Wettkampfadrenalin treibt ihn zur Bestform. Mit 15 Siegen hintereinander tritt er in Paris an, und niemand zweifelt daran, dass weitere sieben bis zum Ende des Grand-Slam-Turniers hinzukommen werden.

Sein erster Gegner, der Bayer Daniel Brands, kann einem schon leidtun. Nadals Erfolgsbilanz von 52:1 auf der Asche von Roland Garros und seine nun 41 Sandplatztitel, mit denen er nur noch minimal hinter dem Rekord von Guillermo Villas (45) rangiert, sind Kampfansage genug. Längst hat der Spanier seine furchterregende Aura zurück, weiche Knie haben dieses Mal nur die anderen. „Ich bin nur ein Jahr älter als Djokovic und Murray“, erklärte Nadal. „Es ist noch nicht der Moment, mich zu beerdigen.“

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