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Jankovic

© AFP

French Open: Serbisches Märchen geht weiter

Serbien ist mit Jelena Jankovic, Ana Ivanovic und Novak Djokovic bei den French Open in Paris so erfolgreich wie keine andere Tennis-Nation in diesem Jahr. Das kommt insofern überraschend, als das Land keine Tennistradition und kein Leistungszentrum hat.

Für gegenseitige Glückwünsche war nach dem historischen Augenblick keine Zeit. "Ich habe auf dem einen Court gespielt, Ana auf dem anderen, und der Weg ist weit", sagte Jelena Jankovic nach ihrem Halbfinal-Einzug bei den French Open. "Und dann hat mich die Pressedame verfolgt und immer gesagt, beeilen Sie sich sich, beeilen Sie sich. Wir müssen pünktlich sein. Ich habe mir nicht mal die Haare gekämmt." Nur eine Minute nach der 22-Jährigen war auch die 19 Jahre alte Ana Ivanovic in Paris in die Runde der letzten Vier eingezogen. Damit stehen zum ersten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier zwei Tennis-Spielerinnen aus Serbien im Halbfinale.

Dort fordert die Weltranglisten-Fünfte Jankovic an diesem Donnerstag Titelverteidigerin Justine Henin aus Belgien heraus, die zwei Plätze niedriger notierte Ivanovic darf sich mit der Russin Maria Scharapowa messen. "Das ist ein toller Erfolg für unser Land. Die Menschen sind stolz auf uns", meinte Ivanovic nach ihrem Sieg gegen die Vorjahresfinalistin Swetlana Kusnezowa. Jankovic bilanzierte nach ihrem Erfolg gegen die Tschechin Nicole Vaidisova: "Es ist unglaublich. Ich bin stolz und hoffe, dass es so weitergeht." Die 22-Jährige nennt Monica Seles als ihr Vorbild - die gebürtige Jugoslawin gewann die French Open 1990, 1991 und 1992.

Serbien um Hilfe gebeten - aber es kam nichts

Dass Serbien plötzlich im Konzert der großen Tennis-Nationen mitmischt, kommt tatsächlich überraschend. Das Land hat keine Tennistradition, kein Leistungszentrum, zu wenig Plätze und zu wenig Trainer. "Wir alle haben unser Land und unseren Verband um Hilfe gebeten, aber es kam nichts", offenbarte der 20-jährige Novak Djokovic, der das Viertelfinale gegen den Russen Igor Andrejew gewann.

"Kein Mensch hat einen Dollar oder einen Euro in uns investiert. Wir können uns nur bei unseren Eltern bedanken", sagte der 22 Jahre alte Janko Tipsarevic, nachdem er in der zweiten Runde den Russen Marat Safin aus dem Turnier geworfen hatte. "Die Leute müssen verstehen, dass alles, was wir in Serbien im Tennis haben, aus dem Dreck entstanden ist, aus dem Nichts. Das Milosevic-Regime zerstörte nicht nur unser Land, sondern auch unseren Sport."

"Gute Botschafter des Landes"

Heute aber wollen die drei Top-Ten-Spieler Jankovic, Ivanovic und Djokovic auch "gute Botschafter unseres Landes sein", wie es Ivanovic formuliert, die auch als Tennis-Model vermarktet wird und im Mai in Berlin ihr drittes WTA-Turnier gewann. Allerdings wählten die drei "Botschafter" ganz unterschiedliche Wege für ihren Aufstieg. Ivanovic ging im Alter von 14 Jahren nach Basel. Jankovic war zwölf, als sie Nick Bollettieris Akademie in Florida aufsuchte. Djokovics Karriere begann im gleichen Alter an Niki Pilics Tennisakademie in München.

Eigentlich fehlt jetzt nur noch ein serbischer Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier. Vor den French Open wurde Jankovic, die mit drei Turniersiegen die Jahreswertung der WTA anführt, als Geheimfavoritin genannt. Jetzt sagte sie: "Wenn ich am Samstag nach dem Finale die Trophäe in der Hand halten sollte, dann bin ich Favoritin." (mit dpa)

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