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Immer noch ballfixiert, aber micht mehr ganz so dynamisch wie vor 30 Jahren: Yannick Noah.

© AFP

French Open: Yannick Noah und der Untergang

Seit 1983 hat kein Franzose mehr in Paris gewonnen – die Krise der Tennisnation hat strukturelle Gründe.

Am Mittwochabend hatte Guy Forget die Nase voll. Fast pausenlos hatte sich der neue Turnierdirektor der French Open entschuldigt, erklärt oder gerechtfertigt. Das nasskalte Pariser Wetter bestimmte dabei die Agenda und brachte stets die gleichen Fragen auf: Wo bleibt das Dach über dem Court Philippe Chatrier? Wer verschleppt seit Jahren die Baumaßnahmen? Ist der Spielplan noch einzuhalten?

Forget blieb lange ruhig. Der ehemalige Profi kann nur bedingt etwas für die Altlasten, die ihm sein im Februar entlassener Vorgänger Gilbert Ysern vermacht hatte. Doch als den Turnierverantwortlichen nach einem weiteren Regentag am Dienstag unterstellt wurde, raffgierig zu sein und die Gesundheit der Spieler zu gefährden, hatte Forget genug. „Der Respekt vor dem Spiel hat immer Priorität bei unseren Entscheidungen“, teilte Forget mit, „und wir haben versucht, so lange wie möglich am Dienstag zu spielen. Und dafür werden wir jetzt so harsch kritisiert.“ Das wütende Statement war der bisherige Tiefpunkt im französischen Tennischaos.

"Stimmung ist mies wie das Wetter"

Erzürnt hatte die wenigen tausend Zuschauer, die im Regen tapfer ausharrten, dass insgesamt zwei Stunden und eine Minute gespielt wurde – und damit exakt zwei Minuten zu viel, um die Ticketpreise erstattet zu bekommen. Forget verwahrte sich gegen die Unterstellung, denn „wir haben eine Versicherung, die Rückerstattungen komplett abdeckt. Das wäre kein Grund gewesen.“ Doch die Spieler, die unter widrigen Bedingungen auf den Platz mussten, fühlten sich betrogen. „Sie wollten doch nur den Tag retten, mehr Geld scheffeln und sicher nicht die Tickets erstatten“, ärgerte sich der Spanier David Ferrer, „am Ende sind die Spieler immer das Unwichtigste für die Turniere.“ Die Stimmung bei diesen French Open ist mittlerweile so mies wie das Wetter, und das war seit über 40 Jahren nicht mehr so schlecht.

Und die Tristesse spiegelt genauso das Innenleben der einst so stolzen Tennisnation wider. Mit Richard Gasquet schied am Mittwoch der letzte Franzose aus. Das Warten auf einen neuen Champion nach Yannick Noah 1983 ist schon so etwas wie ein Pariser Treppenwitz geworden. Der Volksheld ist nun neuer Davis-Cup-Kapitän – und hat komplette Narrenfreiheit. Im März ließ er die Begegnung gegen Kanada auf die zu Frankreich gehörende Karibikinsel Guadaloupe verlegen und schiffte dazu 400 Tonnen rote Asche ein. Gesamtkosten: vier Millionen Euro. Einen Vertrag mit dem Verband FFT hat Noah nicht. „Wenn euch nicht passt, was ich mache, kann ich ja gehen“, sagt der 56-Jährige.

Das wollen sie natürlich nicht. Dafür musste Gilbert Ysern für den Luxustrip in die Karibik gehen. Präsident Jean Gachassin wollte den Geschäftsführer der FFT loswerden, der ihm zu mächtig geworden war. Ysern wird klagen, und billig wird das nicht. Einen handfesten Grund für seine Entlassung gab es nicht. Forget hatte wohl gehofft, das Prestige und die Bezahlung als Turnierdirektor wären die Pariser Malaisen wert. Aber er hat sich verrechnet.

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