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Der Freiburger Fritz Keller ist der neue DFB-Chef.

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Update

Fritz Keller ist der Frauenförderer: Der neue Präsident will den DFB revolutionieren

Fritz Keller will mehr Frauen in den Deutschen Fußball-Bund bringen. Auch sonst präsentiert der neue Präsident ambitionierte Pläne.

Eine Dreiviertelstunde, bevor Fritz Keller ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen in das Amt des DFB-Präsidenten gewählt wird, stimmt er seiner eigenen Entmachtung zu. Keller hebt die grüne Karte für den Antrag, der dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht nur die Richtlinienkompetenz streicht, sondern auch die Zuständigkeit für die Nationalmannschaft.

Dass Keller, 62 Jahre alt und einziger Kandidat für das Amt, deshalb ein schwacher Präsident sein wird, ist vor der Wahl am Freitag in Frankfurt am Main oft kolportiert worden. Schon nach seiner Bewerbungsrede unmittelbar vor dem Wahlgang aber lässt sich feststellen, dass Keller zwar weniger Befugnisse besitzt als seine Vorgänger, dass er deshalb aber nicht zwingend für den DFB ein leicht zu handhabender Präsident sein wird. Der Mann hat klare Vorstellungen – und alle, die ihn kennen, gehen davon aus, dass er alles in Bewegung setzen wird, um sie auch zu verwirklichen.

Man darf sich als Außenstehender nicht von der Bezeichnung „DFB-Bundestag“ nicht in die Irre führen lassen. Die Veranstaltung, zu der sich am Freitag 257 Delegierte in der Frankfurter Kongresshalle eingefunden haben, ist nicht mit dem Parlament in Berlin zu vergleichen. Sie ist kein Forum, in dem offen debattiert und erbittert gestritten wird. Der Bundestag ist perfekt durchchoreografiert. Dass Rainer Koch mit zehn Gegenstimmen und sieben Enthaltungen als Vizepräsident wiedergewählt wird, ist für DFB-Verhältnisse fast schon eine Revolution.

In diesem Kontext wirkt Fritz Keller in seiner Rede auf geradezu liebenswürdige Weise unprofessionell – und eben nicht glatt und gelackt. Weil vieles von dem, was er eigentlich sagen will, zuvor schon von anderen gesagt worden ist, entschließt sich der Kandidat, abweichend von seiner vorbereiteten Rede, zur Improvisation. So mag sein Beitrag ein wenig hölzern und unstrukturiert wirken, aber dahinter kommen klare, auch unbequeme Ideen zum Vorschein, die Keller als 13. Präsident in der 120-jährigen Geschichte des DFB wichtig sind – und die für den Verband bisher keine Priorität besessen haben.

Man muss nur auf das Podium mit dem neuen Präsidium schauen: Siebzehn Männer sitzen da – und eine Frau. Von den 257 Delegierten sind gerade mal 12 weiblich. Keller kündigt einen Managementplan an, um mehr Frauen auch auf die Managementebene zu bringen. „Der Fußball ist viel zu schön, als dass er eine reine Männersache ist“, sagt der neue DFB-Präsident.

Wie ein Spielertrainer

Transparenz, Sparsamkeit, Professionalisierung, Verschlankung, effektive und kompetente Entscheidungswege – das sind die Ziele, die Keller in seinem neuen Amt verfolgt. Der DFB-Präsident sieht sich dabei als eine Art Spielertrainer, der aber auch noch selbst mitspielen wolle – am liebsten als Zehner. Als Spielmacher also. Aber er werde auch reingrätschen, wenn es notwendig sei reinzugrätschen. „Wir müssen eine neue Organisationskultur wagen“, sagt Keller. „Wir müssen aber auch eine neue Umgangskultur wagen.“

Keller kündigt für den DFB eine externe Generalinventur an, in der nicht nur die Finanzen, sondern auch die Finanzströme und die Entscheidungsprozesse durchleuchtet werden sollen. „Es geht um alles“, sagte er. „Das war für mich eine Bedingung.“ Außerdem will Keller, dass einer seiner Vizepräsidenten explizit für ökologische Belange zuständig ist. Zudem soll ein Nachhaltigkeitspreis ins Leben gerufen werden. Die Situation der ehrenamtlichen Helfer im Fußball ist Keller ebenfalls ein wichtiges Anliegen: So will er sich dafür einsetzen, die Übungsleiter angemessen zu entschädigen; er wettert gegen das „Vereinsrecht aus wilhelminischer Zeit“, nach dem Vereinsvorsitzende mit ihrem Vermögen persönlich haften. Und warum, so fragt er, kann ehrenamtliches Engagement nicht mit Punkten für die Rentenversicherung honoriert werden?

„Nur gemeinsam geht’s“

Rainer Koch, seit dem Rücktritt von Reinhard Grindel Interimspräsident des DFB, lobt Keller als „eine außergewöhnliche Persönlichkeit mit allen Qualitäten für das Amt“. Der Präsident werde auch weiterhin „die zentrale sportpolitische Führungsrolle“ einnehmen, sagt Koch, der den DFB künftig in den internationalen Gremien der Fifa und Uefa vertreten soll. Keller sieht durch die Strukturreform „keine Einschränkungen“ für sich. „Diese One-Man-Show braucht heute kein Mensch mehr.“

Dass Keller, der bisherige Präsident des SC Freiburg seinen eigenen Kopf hat, hat er vor drei Jahren beim DFB-Bundestag bewiesen. Er war damals einer von vier Delegierten, der bei der Wahl des DFB-Präsidenten gegen Reinhard Grindel gestimmt hat. Grindel ist der einzige Ex-Präsident des Verbandes, der in Frankfurt am Main anwesend ist. Er sitzt in der vierten Reihe, direkt am Mittelgang. Als Rainer Koch ihm seinen Dank ausspricht, gibt es kurzen und einen vergleichbar dünnen Applaus. Auf den Leinwänden wird der Sitzungssaal in der Totalen eingeblendet. Reinhard Grindel ist nicht im Bild.

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