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Wolfgang Niersbach steht beim Fifa-Kongress wieder im Rampenlicht - zumindest ein bisschen.

© Reuters

Früherer DFB-Präsident beim Fifa-Kongress: Wolfgang Niersbach ist mit sich "total im Reinen"

Wolfgang Niersbach war abgetaucht. Beim Fifa-Kongress tritt der frühere DFB-Präsident nun wieder in Erscheinung – und muss sich unangenehmen Fragen stellen.

Von Johannes Nedo

Wer während dieser Fifa-Kongresswoche in Zürich eine wichtige Rolle hat, ist ganz einfach zu erkennen. Wenn man beim Betreten eines edlen Hotels eine Schar Fotografen und Kameramänner anzieht, gehört man zu den Kandidaten mit geringen Chancen auf das Präsidentenamt. Und wenn man beim Betreten eines edlen Hotels unter den Fotografen und Kameramännern deftige Rangeleien auslöst, ist man einer der Favoriten. Bei all dem Trubel, der um die beiden Hauptkonkurrenten Scheich Salman Al Chalifa und Gianni Infantino sowie die drei anderen Kandidaten veranstaltet wird, fällt jedoch auch noch etwas Aufmerksamkeit auf andere Fußball-Vertreter ab. Besonders auf einen, der sich zuletzt sehr zurückgezogen hat. Von dem aber eigentlich noch einige klärende Auftritte erwartet werden: Wolfgang Niersbach.

Der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) war im November des vergangenen Jahres von seinem Amt zurückgetreten, weil er in der Affäre um die Weltmeisterschaft 2006 Informationen zurückgehalten hatte, die eventuell auf Bestechung bei der Vergabe des Turniers schließen lassen. Niersbach hat noch längst nicht alle Fragen dazu klären können – am Donnerstag kamen sogar neue Vorwürfe über eventuelle Vertuschungen hinzu. Mit öffentlichen Mitteilungen hielt er sich seit seinem Abschied vom DFB nahezu gänzlich zurück. Er war komplett abgetaucht.

Aber nun, während dieser Fifa-Kongresswoche, richten sich wieder Kameras auf ihn. Denn auch wenn der 65-Jährige keinen Posten mehr beim DFB besitzt, so hat er noch Ämter in den höchsten Gremien des Weltfußballs inne: Niersbach ist Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee sowie im Exekutivkomitee des europäischen Verbands Uefa. Er darf zwar nicht wählen an diesem Freitag, aber er steht in engem Kontakt mit den einflussreichsten Funktionären.

Niersbach hofft auf Infantino als neuen Fifa-Präsidenten

Niersbach dürfte also die entscheidenden Entwicklungen des Wahlkampfes mitbekommen. Zusätzlich gibt es natürlich noch zahlreiche weitere wichtige Themen rund um den Kongress – und die Aufarbeitung des DFB-Skandals. Doch als er am Donnerstag dann erstmals vor den deutschen Journalisten dazu Stellung nehmen soll, ist ihm sofort anzumerken, wie unangenehm er diese Situation empfindet. Im Fokus der Kameras wippt er mit den Füßen unruhig umher, in hohem Tempo dreht er seine beiden Daumen. Ständig ringt er um die richtigen Worte und reiht ein „Äh“ an das nächste.

Bei den Kandidaten setzt er auf den Schweizer. „Ich hoffe auf Gianni“, sagt Niersbach. Angesprochen auf die mutmaßlichen Verstöße Scheich Salmans gegen die Menschenrechte in Bahrain entgegnet er: „Ich bin enttäuscht, dass er in seiner Rede vor den Uefa-Delegierten mit keinem Wort darauf eingegangen ist.“ Er habe Salman ja während der Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees am Mittwoch darauf angesprochen, berichtet Niersbach. Was Salman ihm geantwortet hat, sagt er nicht. Niersbach weist dann auch lieber darauf hin, wie wichtig das Reformpaket sei. „Wenn die Reformen nicht angenommen werden, ist es egal, wer dann Präsident wird – der steht dann vor einem Scherbenhaufen“, betont er.

Geht es jedoch um seine eigene Rolle in den Gremien der Fifa und der Uefa, obwohl bei der internen DFB-Untersuchung gegen ihn ermittelt wird, schaltet er sofort wieder in der Verteidigungshaltung. Dass er sich in dieser wichtigen Phase für die Fifa öffentlich so zurückhielt, findet er nicht verwerflich. „Die Kollegen beim DFB wissen, was zuletzt los war. Ich berichte ihnen so, wie sich das gehört. Ich muss mich nicht zu allem öffentlich äußern“, sagt Niersbach. Und in der WM-Affäre gebe es mittlerweile „so viele Indiskretionen und Spekulationen“, dass er auch dazu nichts mehr während der Untersuchung sagen werde. Immer wieder verweist er auf den Bericht der Freshfields-Anwälte, der am 4. März vorgestellt wird. Unabhängig davon seht sein Urteil allerdings schon fest: „Ich bin für mich selbst total im Reinen.“

Reinhard Rauball äußert sich in Bezug auf Niersbach nicht so eindeutig. Der 79-Jährige, der gemeinsam mit dem zweiten DFB-Interimspräsidenten Rainer Koch und dem angehenden DFB-Chef Reinhard Grindel die deutsche Delegation beim Kongress bildet, vermeidet ein deutliches Bekenntnis zur Zukunft Niersbachs bei Fifa und Uefa. „Wir werden die Untersuchung von Freshfields abwarten“, sagt Rauball nur.

Auf Niersbach dürften demnächst also weitere unangenehme Fragen zukommen. Da kann es ihm nur gefallen, dass sich am Freitag beim Kongress die Aufmerksamkeit auf andere konzentrieren wird.

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