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Sport: Frust - aber ohne Spuren

BERLIN .Es wäre nicht verwunderlich, würde er griesgrämig dreinblicken, gar verbittert sein.

BERLIN .Es wäre nicht verwunderlich, würde er griesgrämig dreinblicken, gar verbittert sein.Schließlich lief in letzter Zeit für Alphonse Tchami in seinem eigentlichen Metier, dem Fußballspielen, einiges schief.Bei seinem Brötchengeber Hertha BSC blieb er fast alles schuldig, bei der Weltmeisterschaft wurde er ins Team Kameruns für gerade einmal 47 Minuten eingewechselt und mußte dessen frühes Ausscheiden miterleben.Da könnte Frust aufkommen.Doch Tchami strahlt weiterhin Freundlichkeit und Gelassenheit aus.Vielleicht auch, weil ihm wenigstens im Privatleben Gutes widerfuhr.Seine Frau Lucie, geboren in Lyon, schenkte ihm gerade Sohn Gregory.Tochter Alexia erblickte schon vor sechs Jahren das Licht der Welt.

Fünfmal eingewechselt, siebenmal ausgewechselt, in 1108 Spielminuten nur ein einziges Tor (beim 3:0 gegen den VfB Stuttgart) erzielt - Alphonse Tchami konnte mit der letzten Saison, seiner ersten für Hertha, nicht zufrieden sein.War der Stürmer auch nicht: "Die Eingewöhnung dauerte sehr lange.In Deutschland wird doch ganz anderer Fußball gespielt", bilanziert Tchami, vor 27 Jahren in Bafang geboren.Eingewöhnt habe er sich auch jetzt "erst zu 70 Prozent", so der Mann, der einst von Unisport de Bafang zu Odense BK und dann zum Maradona-Klub Boca Junior Buenos Aires wechselte.An die Zeit gemeinsamen Spielens mit Maradona erinnert er sich noch heute gern.

Für die kommende Saison, die am Sonntag mit dem Heimspiel gegen Werder Bremen beginnt, hat sich Tchami einiges vorgenommen.Nicht unbedingt nur Tore: "Wenn ich Tore vorbereiten kann, bin ich auch schon zufrieden." Vor allem aber hofft er vom Dilemma der letzten Saison verschont zu bleiben: "Drei Monate war ich verletzt.Das hat die Eingewöhnung noch erschwert." Beim Testspiel gegen den FC Barcelona wurde der Afrikaner wegen einer Bänderdehnung vom Platz genommen.Tchami: "Nicht der Rede wert."

Sein Trainer Jürgen Röber meinte bei Tchamis Einstand, er könne einmal "ein ganz Großer" werden.An dieser Einschätzung dürfte er bald Zweifel bekommen haben.Vor allem bemängelte er immer wieder Tchamis mangelnde körperliche Verfassung."Jetzt", so Röber, "muß bei ihm der Knoten platzen."

Das sieht wohl auch Tchami so.Wobei er weiß, daß er so viel Zeit nicht hat.Wird Hertha auf der Suche nach einem erstklassigen Stürmer fündig, könnte Tchamis Platz wieder die Reservebank werden.Man darf also davon ausgehen, daß der bullige, unorthodox spielende Stürmer mit noch größerem Einsatz in die Zweikämpfe geht, als er es bisher schon tat.Nur sollte er dabei erfolgreicher sein als bislang.

KLAUS ROCCA

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