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Sport: Frustrierend stark

Federer gewinnt das Wimbledon-Finale gegen Roddick, der kaum Fehler macht

Folgende Szene war in England während der vergangenen zwei Wochen oftmals im Fernsehen zu sehen: Andy Roddick versucht im Flugzeug den Wimbledonpokal in die Ablage zu klemmen, doch das sperrige Stück passt einfach nicht hinein. Die Klappe geht wieder auf, der Pokal fällt ihm auf den Kopf. Doch der US-amerikanische Tennisprofi weiß einen Rat, er bucht einen weiteren Sitz und platziert den Pokal neben sich. Was ein netter Werbefilm für ein Kreditkartenunternehmen ist, hat doch einen Nachteil: Der Inhalt stimmt einfach nicht.

Den Wimbledonpokal nimmt auch in diesem Jahr wieder Roger Federer mit nach Hause. Wie schon vor einem Jahr – vor zwei Jahren auch. Der Weltranglistenerste bezwang im Finale Andy Roddick 6:2, 7:6, 6:4. Neben Fred Perry, Bjorn Borg und Pete Sampras ist der Schweizer nun der vierte Spieler, der das Turnier dreimal in Folge gewonnen hat. „Das ist ein besonders wichtiger Sieg für mich“, sagt Roger Federer, „in dieser Gruppe möchte man gerne sein.“ Der 23-Jährige ist seit 36 Matches auf Rasen ungeschlagen, zuletzt hat er vor drei Jahren auf diesem Untergrund verloren. „Gras ist gut für mich“, sagt Federer, „ich bin froh, dass meine Serie immer noch anhält.“ Nur in der dritten Runde gegen Nicolas Kiefer hat der 23-Jährige in diesem Jahr in Wimbledon einen Satz abgegeben. Nach dem Matchball ließ er sich auf den Rasen fallen und weinte vor Glück. Etwas später blickte er bereits wieder nach vorne: „Ich werde sicher auch in den nächsten Jahren zu den Favoriten hier gehören.“

Wieder einmal können die Experten nach dem Spiel nichts anderes tun, als das unglaublich perfekte Spiel des Schweizers zu loben. „Er ist einfach zu gut“, sagt der dreimalige Wimbledonsieger Boris Becker auf „BBC“, der zweimalige Wimbledonsieger Jimmy Conners ergänzt: „Federer spielt in einer eigenen Klasse.“ Sogar der an Nummer zwei gesetzte Andy Roddick muss nach einer Stunde und 41 Minuten Gegenwehr zugeben, dass er gegen den großen Favoriten keine Chance hatte. „Er ist beinahe unschlagbar.“

Der US-Amerikaner hatte sich für die Wiederauflage des letztjährigen Finales einiges vorgenommen. Er wollte aggressiver spielen, früher ans Netz gehen und seinem Gegner sein Spiel aufzwingen. Doch schnell wurde sichtbar, dass dies gegen Roger Federer nicht zum Erfolg führt. Mit zwei Breaks sichert sich Federer in 22 Minuten den ersten Satz. Im dritten Satz gelingt ihm aus vollem Lauf ein spektakulärer Vorhand-Passierschlag, der ihm zwei Breakchancen einbringt. Einen Ballwechsel später macht er mit einem Rückhandpassierschlag das Break zum 4:3. „Ich weiß nicht, was das war“, sagt Roddick, „ich weiß nur, dass es an mir vorbei geflogen ist.“ Es ist die Vorentscheidung. „Er hat mich mit der Vorhand passiert, er hat mich mit der Rückhand passiert, sogar wenn ich an der Grundlinie stand, hat er mich passiert", sagt Roddick ratlos. Nur zu Beginn des zweiten Satzes hat er das Match offen gestalten können. Im dritten Spiel gelingt ihm das erste und einzige Break zum 3:1. Federer hat einen seiner seltenen Fehler begangen. „Ich war im Spiel", sagt Roddick. Doch bereits drei Spiele später gelingt Federer das Rebreak. Roddick kann noch zwei Satzbälle abwehren, doch im Tiebreak findet er sich schnell in der Defensive wieder. Nach einem Vorhandschlag ins Netz, schmeißt er wütend seinen Schläger ins kurzgeschorene Gras. 2:7 geht der Tiebreak verloren, und auch eine kurze Regenpause ändert nichts mehr.

Der 23-jährige Roger Federer scheint nur auf Sand eine kleine Schwäche zu haben, die French Open hat er als einziges Grand-Slam-Turnier in seiner Karriere noch nicht gewonnen. In diesem Jahr hat er im Halbfinale gegen den Sandplatzspezialisten Rafael Nadal verloren. Doch wenn Roger Federer einmal ein Finale erreicht hat, bekommen die Gegner keine Chance mehr. Die letzten 21 Finalspiele hat er gewonnen. „Er ist mental unglaublich stark“, sagt Roddick. Der 22-Jährige spricht nach dem Match mit seinem Trainer Doug Spreen, um zu erfahren, was er besser machen kann. „Er hat mir gesagt, dass ich alles richtig gemacht habe, das ist schon frustrierend.“

Andy Roddick erhält als Finalist einen flachen Silberteller, den er schon aus dem Vorjahr kennt. Er weiß, dass diese Trophäe wenigsten einen Vorteil hat: Sie passt im Flugzeug in die Ablage.

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