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Alles gut. Velimir Petkovic hat am Sonntag mit den Füchsen Berlin das erste Heimspiel der Saison.

© dpa

Füchse-Trainer Velimir Petkovic: „Ich denke nicht ans Aufhören“

Velimir Petkovic, Trainer der Füchse Berlin, über seinen auslaufenden Vertrag im Sommer 2020, die neue Saison und Bücher von Erich Honecker.

Velimir Petkovic, 63, arbeitet seit 2016 als Trainer der Füchse Berlin. Am Sonntag bestreitet der Klub das erste Heimspiel der Saison gegen Erlangen. Wir haben zuvor mit ihm gesprochen.

Herr Petkovic, als Sie 2016 zu den Füchsen Berlin kamen, haben Sie eine Biografie von Erich Honecker gelesen. Warum?
Ich bin historisch interessiert und wollte etwas über die Geschichte der Stadt erfahren, in der wir gerade neu waren. Über die Mauer, das geteilte Deutschland, die geteilte Stadt und wie es dazu kam. Für mich ist das ein sehr spannendes Thema.

Sie gehen jetzt in Ihre dritte komplette Saison als Trainer der Füchse. Was haben Sie in dieser Zeit über Berlin gelernt?
Ich will das mit einer kleinen Anekdote beantworten. Neulich habe ich meinen Co-Trainer nach dem Training mit dem Auto mitgenommen. Wir sind dann herumgefahren und irgendwann hat er zu mir gesagt: Petko, du kennst dich ja auch ohne Navigationssystem richtig gut aus! Du bist ja ein richtiger Berliner geworden! Und es ist ja auch so: Meine Frau und ich haben uns ganz viel angesehen, wir gehen oft raus, besuchen viele Veranstaltungen. Diese Woche etwa waren wir erst im Musical. Und wissen Sie, was wir vor Kurzem entschieden haben?

Erzählen Sie!
Dass wir nach meiner Trainerlaufbahn auf jeden Fall in Berlin bleiben werden. Wir fühlen uns wirklich sehr wohl hier. Egal, wann es bei den Füchsen zu Ende geht und ob ich danach womöglich woanders einen Vertrag unterschreibe – unser Lebensmittelpunkt wird Berlin sein.

Ihr Vertrag bei den Füchsen läuft offiziell im Sommer 2020 aus.
Ganz ehrlich, ich denke bisher keine Sekunde ans Aufhören und werde auch in Zukunft so intensiv und akribisch mit meinen Jungs arbeiten, wie sie es von mir kennen. So lange sie zuhören, was ich ihnen sage und beibringen kann, macht mir das Spaß – und so lange mache ich weiter.

Wovon hängt denn Ihre Weiterbeschäftigung bei den Füchsen ab?
Wenn die Zeit für Gespräche kommt, werden sicher nicht nur die Sympathien zwischen mir und Manager Bob Hanning darüber entscheiden, ob ich weitermachen darf. Viel wichtiger ist die Frage: Wie stehen wir da, also in der Bundesliga-Tabelle und im Europa- sowie DHB-Pokal? Ich bin ein Profi und weiß genau, worauf es in meinem Job ankommt, da muss ich mir keine Illusionen machen.

An diesem Sonntag bestreiten die Füchse gegen den HC Erlangen ihr erstes Heimspiel der Saison. Sind Sie vor solchen Terminen noch aufgeregt?
Mit 63 Jahren sicher nicht, dafür bin ich zu lange dabei und habe zu viel erlebt. Vor dem Pflichtspielstart im Pokal war ich ein wenig unruhig, weil wir keine gute Vorbereitung gespielt hatten und vier, fünf Spieler integrieren mussten, die lange verletzt waren. Aber ich bin natürlich enttäuscht darüber, wie unser erstes Bundesliga-Spiel in Leipzig ausgegangen ist. Wir hatten uns viel vorgenommen – und lange sah es so aus, als könnten wir einen guten Start hinlegen. Dann kassieren wir in der letzten Sekunde das entscheidende Gegentor und verlieren, das hat richtig wehgetan. Die ersten Punkte sind also weg, aber die Saison ist noch lang und wir werden uns zurückmelden.

Was erwarten Sie gegen Erlangen?
Die ersten Punkte. Wir müssen zeigen, dass wir aus dem Leipzig-Spiel gelernt haben und einige Fehler abstellen. Andererseits habe ich trotz der Niederlage am ersten Spieltag viele, viele gute Sachen gesehen, auf die wir aufbauen können.

In den vergangenen Jahren waren die Füchse zu diesem Zeitpunkt der Saison immer bei der Vereins-WM in Katar dabei, dieses Mal wurde aus Deutschland der THW Kiel eingeladen. Sind Sie froh, dass Sie sich diese Reise nun sparen können?
Man kann in Doha viel Geld verdienen, wenn man gut abschneidet, das ist klar. Trotzdem bin ich froh, dass wir jetzt hier in Deutschland sind, weil das Turnier gleich zu Saisonbeginn immer eine große Belastung ist. Wir hatten ja auch so schon wieder Riesenpech mit Verletzungen: Mit Mattias Zachrisson und Jacob Holm fehlen zwei wichtige Spieler, auch Silvio Heinevetter war zuletzt krank.

In der Bundesliga gibt es nur einen Trainer, der mehr Spiele bestritten hat als Sie: Alfred Gislason, der seine Karriere kürzlich beendete. Sie haben noch knapp 40 Spiele Rückstand auf Gislason. Motivieren Sie solche Statistiken?
Ich habe das auch gelesen, es war eine nette Statistik in der „Handball-Woche“. Alfred ist im Moment Erster vor mir, Martin Schwalb und Noka Serdarusic, alles große Namen. Aber es ist wie Sie sagen: In dieser Saison werde ich es nicht mehr schaffen, ihn einzuholen. Dafür brauche ich noch mindestens eine weitere.

Dann könnten Sie als geschichtsinteressierter Mensch sich einen Eintrag in den Bundesliga-Geschichtsbüchern sichern.
(Lacht) Das haben Sie schön gesagt. Mir ist die Dimension dieses Rekordes natürlich bewusst, es wäre wirklich geschichtsträchtig. Überhaupt eines Tages in solche Bereiche vorzustoßen, hätte ich mir vor 20 Jahren nicht träumen lassen, als ich als sehr junger, unerfahrener Trainer nach Deutschland gekommen bin.

Hatten Sie – gerade in der durchwachsenen Vorsaison – auch manchmal das Gefühl, zu Unrecht kritisiert worden zu sein?
Nach jeder Niederlage ist der Trainer Schuld und muss sich erklären, so läuft das Geschäft. Wenn mich jemand in einer Phase kritisiert, in der wir zehn Verletzte haben – was soll ich dann dazu sagen? Die Frage ist immer: Wer kritisiert mich? Wenn das ein erfahrener Journalist tut, der sich seit Jahren mit Handball beschäftigt, hat das Gewicht. Wenn sich aber nach dem Spiel Zuschauer bei mir beschweren, die nicht mal den Namen aller Spieler kennen, hört der Spaß auf. Nichts für ungut, sie kaufen eine Karte und damit auch das Recht, uns zu kritisieren. Aber irgendwann ist auch mal gut.

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