zum Hauptinhalt
Blick nach unten. Aaron Hunt und der HSV hätten mit einem Sieg gegen Darmstadt einen wichtigen Schritt machen können. Jetzt wird es wieder eng.

© dpa

Fußball-Bundesliga: Nichts ist gewiss: Der Abstiegskampf spitzt sich zu

Mainz 05 punktet bei den Bayern, der Hamburger SV unterliegt dem Letzten Darmstadt: Der Abstiegskampf in der Bundesliga wird immer dramatischer.

Im Handbuch für Abstiegskämpfer lautet eines der wichtigsten Kapitel „Von Spiel zu Spiel denken“. Auszug: Lassen Sie sich nicht kirre machen von Ihrem Hammer-Restprogramm, konzentrieren Sie sich immer nur auf die nächste Begegnung. Auch bei den Bayern kann man gewinnen oder einen Punkt holen, wenn sie a) gerade ein paar Verletzungsprobleme haben, b) in der Champions League eine große Enttäuschung erlebt haben oder c) ein Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund vor der Brust haben. Der FSV Mainz 05 hat am Samstag den günstigen Fall erlebt, dass a), b) und c) eingetreten sind – und den Münchnern ein 2:2-Unentschieden abgetrotzt.

Genau das ist Abstiegskampf: wenn nichts mehr gewiss ist. Abgesehen davon, dass es Darmstadt 98 erwischen wird. Trainer Torsten Frings hat die Wahrscheinlichkeit, dass der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga den Klassenerhalt doch noch schafft, auf 1:508 000 000 beziffert, was seine Mannschaft allerdings nicht davon abgehalten hat, jetzt zweimal hintereinander zu gewinnen. „Nicht mal absteigen können wir …“, twitterten die Darmstädter am Samstag nach dem ersten Auswärtssieg der Saison, einem 2:1 beim Hamburger SV.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommen würde, betrug exakt 1:509 000 000. Die Hamburger hatten zuvor neun Heimspiele hintereinander nicht verloren, zu Hause unter anderem Hertha, Gladbach, Hoffenheim, Köln und Leverkusen geschlagen, da würden sie natürlich auch Darmstadt locker weghauen. Aber (siehe oben): Nichts ist gewiss im Abstiegskampf. Nur das: „Es geht bis zum letzten Spieltag, da bin ich ganz sicher“, hat Hamburgs Trainer Markus Gisdol gesagt. „Das wird für alle Mannschaften noch ganz heiß.“ Der abgeschlagene Letzte Darmstadt war an diesem Wochenende die einzige Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel, die ihr Spiel gewonnen hat. Insgesamt holten die sechs Teams vier Punkte.

Nach zwei Niederlagen hintereinander gerät der HSV wieder in Gefahr

Man kann den Vereinen aus dem Tabellenkeller natürlich leicht vorwerfen, dass es ihnen an der nötigen Konstanz mangle; aber wenn sie konstant (erfolgreich) wären, wären sie eben nicht im Tabellenkeller, sondern wie Werder Bremen längst in anderen Gefilden unterwegs. Die Bremer lagen nach 20 Spieltagen noch auf dem Relegationsrang und haben sich seitdem mit acht Siegen und zwei Unentschieden auf Platz sieben emporgearbeitet. Vor einer Woche, beim Nordderby zwischen Werder und dem HSV, hätten die Hamburger mit einem Sieg an Punkten mit den Bremern gleichziehen können – jetzt liegen sie neun Punkte und acht Plätze zurück. „Wir kommen aus einem tiefen Loch, und haben uns da an den Rand gekrabbelt“, sagt Hamburgs Sportdirektor Jens Todt. Nach zwei Niederlagen hintereinander, haben sie gerade beim HSV das Gefühl, dass die Erde unter ihren Fingern nachgibt.

So wie auch beim FC Ingolstadt, der vielen ohnehin als zweites Darmstadt galt, als aussichtsloser Fall nämlich, aber unter ihrem neuen Trainer Maik Walpurgis hatte die Mannschaft einige Meter gut gemacht und war fast auf Griffweite ans rettende Ufer herangekommen. Am Samstag wurden die Ingolstädter wieder abgetrieben, obwohl sie gegen Bremen 1:0 und 2:1 in Führung gegangen waren. Nach der 2:4-Niederlage ist die Wahrscheinlichkeit, dass der FCI sich noch rettet, auf 1:507 000 000 gesunken.

Der VfL Wolfsburg spielt jetzt gegen die taumelnden Bayern

Andries Jonker, der Trainer des VfL Wolfsburg, hält nicht viel von Wahrscheinlichkeitsrechnung. Nach der 0:1- Niederlage bei Hertha BSC hat der Holländer seine Mannschaft in der Kabine um sich versammelt und eine Rede gehalten, die sich nicht im geringsten um die Regeln der Mathematik geschert hat. „Wir schaffen es, in der Bundesliga zu bleiben, glaubt mir“, sagte er seinen Spielern, die im Schnitt exakt jedes zweites Spiel in dieser Saison verloren haben. „Wir kriegen das hin.“

Vielleicht hatte Jonker schon das nächste Spiel am kommenden Wochenende im Kopf, wenn seine Mannschaft es mit den taumelnden Bayern zu tun bekommt. „Ich bin jetzt kein Fantast, der einen Sieg gegen Bayern voraussagt“, sagte Sportdirektor Olaf Rebbe. Aber die Mainzer könne man sich ruhig zum Vorbild nehmen. Danach heißen die Gegner des VfL Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach, ehe es am letzten Spieltag zum Hamburger SV geht, wo dann die Vorhersage des HSV-Trainers Gisdol („Es geht bis zum letzten Spieltag“) auf dem Prüfstand steht.

Am Samstag sah es für die Wolfsburger zwischenzeitlich sogar noch ein bisschen düsterer aus. Als sie im Berliner Olympiastadion nach einer guten Stunde das 0:1 kassierten, führten die Mainzer in München, führten die Ingolstädter gegen Bremen und führten die Augsburger in Frankfurt. Der VfL lag in der virtuellen Tabelle nur noch zwei Punkte vor einem direkten Abstiegsplatz und punktgleich mit dem virtuellen Sechzehnten HSV. Aber auch für einen solchen Fall lohnt sich ein Blick ins Handbuch für Abstiegskämpfer. Letztes Kapitel: „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.“

Folgen Sie der Sportredaktion auf Twitter:

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false