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Fußball: Keine Fernsehübertragung der EM?

Es gibt wohl doch eine Schmerzgrenze für TV-Gelder im Fußball. Für die EM 2008 hat sich bisher noch niemand gefunden, der bereit ist die veranschlagten 160 Millionen Euro zu bezahlen. Bleibt der Bildschirm nächsten Sommer schwarz?

Hannover - Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 schossen die TV-Quoten in ungeahnte Höhen, doch für die Europameisterschaft im kommenden Jahr gibt es noch immer keinen Fernsehsender. Obwohl die Vorbereitungen für die Live-Übertragungen der 31 Spiele in Österreich und der Schweiz dringend anlaufen müssten, zeichnet sich noch keine Lösung ab. Die Europäische Fußball-Union Uefa und die mit den Verhandlungen beauftragte Agentur Sportfive scheinen sich verkalkuliert zu haben.

In einem Markt mit seit Jahren kräftig wachsenden Einnahmen ist der Bogen offensichtlich überspannt. Bis zu 160 Millionen Euro sollten die kompletten Rechte für den deutschen Markt erbringen. Doch Fristen verstrichen, mehrere Verhandlungsrunden verliefen erfolglos, Kandidaten sprangen ab. Einer der Hauptgründe ist, dass sich ein Turnier wie die EM wegen mangelnder Exklusivrechte für einen Pay-TV-Sender nicht lohnt und die Gesamtsumme für frei empfangbare Sender zu hoch ist.

Premiere setzt andere Schwerpunkte

"Wir haben uns gegen eine ernsthafte Weiterverhandlung entschieden. Wir setzen andere Schwerpunkte beim Einkauf von Sportrechten", sagte Premiere-Vorstandsmitglied Carsten Schmidt. "Für uns ist ein auf wenige Wochen begrenztes, wenig exklusives Ereignis einfach nicht wirtschaftlich", erklärte Schmidt. Premiere hatte bei den Weltmeisterschaften 2002 und 2006 einige Spiele exklusiv, aber nicht die entscheidenden, mit denen sich Zuschauer für einen Abonnement-Sender locken lassen.

"Eine der Hauptvertragsbedingungen ist, dass der Großteil der Übertragungen im Free-TV stattfindet", hatte die Uefa im Februar 2005 bei Vertragsabschluss mit dem Vermarkter Sportfive erklärt. Die Begegnungen der deutschen Mannschaft, die sich überdies noch nicht endgültig qualifiziert hat, gehören dazu. Das weiß auch der neue Premiere-Konkurrent Arena, der grundsätzliches Interesse bekundet hatte. Doch ohne Geld von einem Bezahl-Sender müsste die gesamte Summe aus dem Free-TV kommen.

WDR: "Kein finanzieller Spielraum mehr"

Für werbefinanzierte Sender wie Sat.1 oder RTL sei das "bei weitem nicht zu bezahlen", sagte ein Rechte-Manager. Auch die öffentlich-rechtlichen Kanäle ARD und ZDF, die bisher bei jeder EM am Ball waren, können und wollen nicht so viel wie verlangt zahlen. ARD/ZDF haben ein Angebot vorgelegt, das nach Angaben der künftigen WDR-Intendantin Monika Piel keinen finanziellen Spielraum mehr lässt.

"Wir sind bereits an unsere Grenze gegangen. Das heißt in diesem Fall, dass wir für ein EM-Spiel mehr zahlen würden als für ein WM-Spiel", sagte Piel in einem Interview der Blätter "Neue Ruhr Zeitung - Neue Rhein Zeitung (NRZ)". "Die aufgerufene Summe ist wahnwitzig", kommentierte ein Verhandlungsführer. Der Preis pro Spiel sei um mehr als eine Million Euro höher als bei der WM 2006. Die 48 Partien, die ARD/ZDF im Vorjahr live übertragen haben, sollen geschätzte 180 Millionen Euro gekostet haben.

Die Zeit drängt

Für die TV-Sender wird es eng, denn längst müsste die aufwendige Planung begonnen haben. Für die Vorbereitung solcher Großereignisse veranschlagen die Anstalten normalerweise zwei Jahre.

Die Uefa hatte geglaubt, einen großen Coup gelandet zu haben, als sie die Rechte erstmals nicht über die Europäische Rundfunk Union (EBU) direkt an die Sender, sondern an die Agentur Sportfive vergab. 600 Millionen Euro sollten die Rechte mindestens bringen. Doch nicht nur in Deutschland, dem wichtigsten TV-Markt des Kontinents, fehlt der Abschluss. Auch in anderen Ländern gibt es noch keine Verträge. Nun hoffen die Rechte-Manager der TV-Sender, dass sich durch die Wahl von Michel Platini zum neuen Uefa-Präsidenten oder durch die neue Sportfive-Geschäftsführung nach dem Verkauf an den französischen Medienkonzern Lagardère "neue Verhandlungsansätze" ergeben. (Von Michael Rossmann, dpa)

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