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So wird es gemacht: Bundestrainer Joachim Löw erklärt seine Zukunftspläne.

© REUTERS/Ralph Orlowski

Fußball-Nationalmannschaft: Joachim Löw entdeckt die Zukunft

Mit dem Umbruch in der Nationalmannschaft hat Bundestrainer Joachim Löw bislang gefremdelt. Jetzt wagt er sich endlich entschlossen nach vorne. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Der Deutsche Fußball-Bund und seine führenden Vertreter haben gerade – wie man im Sport sagt – alles andere als einen Lauf. Bundestrainer Joachim Löw verabschiedet drei verdiente Nationalspieler und muss sich anschließend in Sachen Stil belehren lassen. Reinhard Grindel, der Präsident, steht mitten im Fernsehinterview auf, weil ihm die Fragen nicht passen, und muss sich anschließend in Sachen journalistischer Unabhängigkeit belehren lassen. Und als Löw am Freitag zu einem wichtigen Termin in die DFB-Zentrale wollte, musste er kurzfristig von der Bahn aufs Auto umsteigen, sodass die mit ihm geplante Pressekonferenz erst mit 45-minütiger Verspätung beginnen konnte. Dass Löw zu spät kommt, ist allerdings keine ganz neue Erkenntnis.

Erst jetzt, gut neun Monate nach dem debakulösen WM-Auftritt, nimmt der Bundestrainer die Korrekturen vor, die viele schon unmittelbar nach der Weltmeisterschaft von ihm gefordert hatten. Löw aber war damals der Überzeugung, dass die Helden der Vergangenheit noch genügend innere Spannung aufbringen, um den selbst verschuldeten Unfall zu korrigieren; dass vor allem der Trotz sie noch einmal zu Höchstleistungen treiben würde. Es war ein Irrtum, wie sich im Herbst gezeigt hat.

Löw hat es schon zur WM versäumt einen Spieler wie Sané, der in England auch vor der WM überragend gespielt hat, zu nominieren. Konsequent und logisch wäre die Zukunft ohne Joachim Löw, auch weil Löw zu langsam und zaudernd ist.

schreibt NutzerIn Hendrik1970

Auch wenn sie spät kommt: Es ist erst einmal gut, dass Löw überhaupt zu der Erkenntnis gelangt ist, nicht einfach so weitermachen zu können wie bisher. Gemessen an seiner bisherigen Tätigkeit als Bundestrainer und mit Blick auf seine Anhänglichkeit gegenüber alten Weggefährten (Podolski, Schweinsteiger) muss man Löw im Frühjahr 2019 schon fast einen Anflug von Radikalität bescheinigen.

Er will jetzt wieder mehr Klarheit im Spiel seiner Mannschaft sehen, mehr Dynamik, mehr Entschlossenheit. Es spricht für die Klarheit, Entschlossenheit und die wiederentdeckte Dynamik des Bundestrainers, dass er auch die dafür notwendigen personellen Konsequenzen gezogen hat: Löw hat sich von Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller getrennt, die selbst in ihrem Verein zuletzt nicht mehr unumstritten waren. Stattdessen hat er frische Kräfte nominiert, denen zwar noch die internationale Erfahrung fehlen mag, nicht aber der Enthusiasmus für die Nationalmannschaft.

Drei Neulinge hat Löw für die nächsten Länderspiele berufen. Das sind nicht revolutionär viele. Aber er hat eben auch der Versuchung widerstanden, Mario Götze zurückzuholen oder, wie immer eigentlich, Jonas Hector zu nominieren, der im normalen Leben in der Zweiten Liga spielt. In Löws Aufgebot stehen nur noch fünf Feldspieler, die älter als 25 Jahre sind, und nur Torhüter Manuel Neuer hat die 30 bereits überschritten. Es sieht fast so aus, als hätte Löw doch noch die Zukunft für sich entdeckt.

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