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© dpa

Fußball und Ernährung: Die Sünden der Sommerpause

Viele Fußballprofis setzten laut DFB-Koch Holger Stromberg mit falscher Ernährung ihre Karriere aufs Spiel.

Es muss nicht mehr ein Tee mit Pfefferminze sein. Kaum ist Felix Magath vom VfL Wolfsburg zum FC Schalke 04 gewechselt, hat der Trainer auch ein paar Vorlieben verändert. Und für sich in einem zunehmend unruhigen Umfeld die beruhigende Wirkung von Ingwer entdeckt. Nun nippt der 55-jährige Fußballlehrer oft an einer dampfenden Tasse mit den wertvollen Inhaltsstoffen der Knolle. „Ingwer ist ideal, um den Geist wach zu halten“, erklärt Holger Stromberg. Der Küchenmeister aus dem Münsterland muss es wissen: Der 37-Jährige tritt nicht nur regelmäßig als Ernährungsexperte im Fernsehen auf, sondern ist auch Koch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Der Asket Magath taugt für Stromberg als Vorbild – viele Spieler taugen dagegen für diese Rolle ganz bestimmt nicht.

„Besser wäre es, wenn Nationalspieler einen Ernährungsberater oder Koch bezahlten, als sich das dritte oder vierte Auto in die Garage zu stellen“, sagt Stromberg. Zwar sei die Verköstigung in den Trainingslagern mittlerweile optimiert, aber nach der Rückkehr funktioniere die Alltagsversorgung vieler Profis – egal ob sie Single seien oder junge Familienväter – vielerorts nicht richtig. „Die vielen Weißmehlbomben, die manch einer vor dem Training an der Tankstelle kauft, ruinieren den Sportlerkörper“, rügt der Koch. Stromberg glaubt, dass noch bis zu 30 Prozent Leistungsreserven in der richtigen Ernährung schlummern, doch es ist nicht einfach, diese Erkenntnis in der Branche zu verbreiten. „Das Thema ist heikel, der deutsche Fußball verändert sich nur ungern“, hat der Sternekoch festgestellt. Bei der Nationalmannschaft würde Stromberg gern durchsetzen, die Spaghetti wenige Stunden vor dem Spiel aus ernährungsphysiologischer Sicht durch Kartoffelpüree zu ersetzen. „Doch wenn dann das Länderspiel verloren wird, bin ich schuld.“

Der mittlerweile in München beheimatete Unternehmer weiß, dass er mit solchen Aussagen polarisiert. Aber der Sohn einer Gastronomenfamilie wäre nicht von Teammanager Oliver Bierhoff vor zwei Jahren im Begleittross der DFB-Elite installiert worden, gäbe es nicht bei der Kicker-Kost einiges zu verbessern. Lange wurde ja das Bild geprägt von Idolen wie Gerd Müller, welche die Botschaft verbreiteten, von Bier und Schweinebraten bekomme man kräftige Waden, mit denen sich Tore schießen ließen. Und heute?

Heute wirbt Michael Ballack für die Fastfoodkette McDonald’s, da schmieren sich Stars mit dem Bundesadler auf der Brust in Fernsehspots gesund lächelnd Nutella aufs Weißbrot. Jugendspieler erhalten nach Siegen eine zuckersüße Limonade spendiert, Hobbykicker laben sich an der Kiste Bier in der Umkleidekabine, im Vereinsheim werden Pommes und Schnitzel serviert. Stromberg arbeitet gegen diese Ernährungssünden an. Beim DFB hat er daran mitgewirkt, mindestens einen aus seiner Sicht „gesunden Anbieter“ auf der Sponsorentafel zu platzieren – neben McDonald’s, Coca-Cola und Bitburger wirbt nun auch die Handelskette Rewe für den Verband.

Buchautor Stromberg diskutiert in DFB-Kreisen ständig – mit Medizinern, Trainern, Spielern. Und langsam finden seine Thesen Gehör. „Torwart René Adler gibt mir mitunter am Buffet einen Teller und fordert mich auf, ihm was Gesundes draufzu- tun.“ Mit angebotenen Kochkursen habe er sogar frühere Junkfood-Liebhaber überzeugt, die ihren Geschmack besonders in der Sommerpause auslebten. Stromberg geht es darum, „die Sinne zu schärfen“. Und den Geschmack gleich mit. „Wir haben vieles beim Essen verlernt“, sagt Stromberg, „und wir lassen die Gewürze fast außen vor.“ Mehr Bitterstoffe, mehr Schärfe fordert er, natürlich weniger Fett, weniger Zucker. „Am besten sind für den Fußballer 60 Prozent Kohlenhydrate, darunter viel Gemüse, 30 Prozent Eiweiß, nur zehn Prozent Fett.“

Und wie verträgt sich das mit den Chips, die Lukas Podolski in WM-Filmen, Werbedrehs und wohl auch daheim so gerne futtert? Gar nicht. Deshalb steht Stromberg im ständigen Dialog mit dem Nationalstürmer. „Er kann das weitermachen. Aber ich erkläre ihm, dass er jetzt mit seiner Ernährung darüber entscheidet, ob er bis 30 oder bis 35 auf diesem Niveau Fußball spielen kann.“

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