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Kann gut mit Frauen und Fußball: Der Spielerinnenberater Brian Eylert. An seiner Seite hier Dzsenifer Marozsan und Aly Krieger (r.).

© Promo

Fußball-WM der Frauen in Frankreich: Der Spielerinnenberater

Fußball wird auch bei den Frauen immer mehr zum Geschäft. Das liegt auch an den tüchtigen Männern im Hintergrund.

Von David Joram

An den Deal mit Charlie Stillitano erinnert sich der Spielerberater Brian Eylert noch gut. „Stillitano, das klang nach Mafiosi“, sagt Eylert über jenen Mann, der im Jahr 1999 noch als Fußballmanager der New York Metro Stars arbeitete. Eylert kam wunderbar mit ihm aus. „Wir saßen eine Stunde zusammen, dann war der Deal fix“, sagt er und schmunzelt. Eylert, geboren in Berlin-Neukölln, genauer in Britz, spricht über den Transfer von Lothar Matthäus zu den Metro Stars. Denn so begann für ihn alles in diesem Gewerbe. „Matthäus war für mich ein riesengroßer Türöffner als Spielerberater“, berichtet Eylert. Bekannt geworden ist er aber vor allem als Spielerinnenberater.

Wenn an diesem Dienstag, 21 Uhr die US-Auswahl im Halbfinale dieser Weltmeisterschaft in Lyon auf England trifft, steht auch Ali Krieger im Kader. Sie will mit ihrem Team ins Finale einziehen und zum zweiten Mal nach 2015 den Pokal gewinnen. Die Abwehrspielerin ist schon 34 Jahre alt, es ist wohl ihre letzte WM. Krieger war die erste Spielerin, die Eylert beriet, 2007 war das. „Sie war der Auslöser, dass ich in den Frauenfußball eingestiegen bin“, erklärt er.

Am vergangenen Samstag hat Eylert noch ein bisschen darauf gehofft, dass Krieger und die USA im Finale auf Deutschland treffen werden. Zweieinhalb Stunden bevor das WM-Viertelfinale der Deutschen gegen Schweden beginnt, sitzt er in einer Hotellobby in Rennes. Das Stadion liegt nur wenige Fußminuten entfernt. Eine halbe Stunde hat er noch, um über den Wandel einer Branche zu sprechen, die gerade wächst. Danach will er das WM-Duell besuchen und anschließend Nationalspielerin Laura Benkarth vom FC Bayern treffen, die er ebenfalls betreut. Doch zuerst geht es nochmal um Matthäus, Stillitano und jene missglückte Pressekonferenz, auf der Matthäus sagte: „My English is not so good, but my German is better.“

Eylert lehnt sich in seinen Sessel zurück, schlägt die Beine übereinander, die trotz 36,5 Grad Außentemperatur in einer langen hellblauen Jeans stecken. Seine Augen sind nicht zu sehen, denn Eylert trägt eine schmale schwarze Sonnenbrille, wie man sie genau in dieser Ausführung bei einem Spielerberater erwartet. Wie alt er ist, will er nicht in der Zeitung lesen, „in den USA ist das sowieso unüblich“, sagt er. Die 66 Jahre, die 2014 die „Bild“ angab, stimmten jedenfalls nicht, jünger ist Eylert seither allerdings auch nicht geworden. Und damit zu Matthäus.

„Er wollte unbedingt nach New York, weil seine damalige Partnerin Maren Müller-Wohlfahrt dort ein einjähriges Stipendium bekommen hatte“, erinnert sich Eylert, der mit 19 Jahren in die USA ausgewandert war, um Politik zu studieren. Später arbeitete er zwar wieder in Deutschland für ein großes Softwareunternehmen, doch die Kontakte blieben. Ein Mitarbeiter von Matthäus’ damaligem Berater Norbert Pflippen kontaktierte ihn – „und so traf ich Matthäus das erste Mal in einem Hotel in Herzogenaurach. Es musste New York sein, machte er mir klar – und so rief ich bei Stillitano an.“ Wegen der verpatzten Pressekonferenz ärgert sich Eylert heute noch, „abgemacht war, dass Lothar gar nichts sagen sollte, wir wussten ja, dass er nicht gut Englisch konnte. Nur wusste das der Commissioner der Liga nicht, Stillitano hatte ihm wohl auch nichts erzählt.“ Und so wurde Matthäus also gefragt, ob er nicht ein paar nette Worte sagen könne. Der Rest ist Geschichte – Eylerts Karriere als Fußballprofi-Vermittler zwischen den USA und Deutschland begann. Spieler wie Clint Mathis (Hannover 96), Michael Bradley (Mönchengladbach) oder Gregg Berhalter (Cottbus, 1860 München) vertrauten auf Eylert. „Nur mit Frauenfußball hatte ich gar nichts zu tun.“   

Eylert: „Was uns eint, ist die Leidenschaft“

Das änderte sich 2007, „da habe ich überhaupt zum ersten Mal ein Frauenfußballspiel gesehen.“ Über Klient Grover Gibson (unter anderem Ahlen, Münster) kam der Kontakt zu Alexandra „Ali“ Blaire Krieger zustande. „Sie war ein ganz angenehmer, netter Charakter, unheimlich wissbegierig und sehr ehrgeizig“, sagt Eylert über die erste Begegnung. Krieger sollte beim 1. FFC Frankfurt vorspielen, damals die absolute Topadresse im europäischen Fußball, gespickt mit Weltmeisterinnen wie Birgit Prinz. „Um 10 Uhr fand das Probetraining statt, um 12 rief der Trainer an. Wir nehmen sie, sagte er.“ Krieger, die in den ersten Monaten bei Eylert und seiner Frau lebte, setzte sich in Frankfurt durch – und der Spielerberater auf dem Spielerinnenberatermarkt.

Ali Krieger (r.) im WM-Spiel gegen Chile.
Ali Krieger (r.) im WM-Spiel gegen Chile.

© AFP

Inzwischen ist Eylert Teil der Women’s football agency (WFA), in Frankfurt hat er sein Büro, in München sitzt Jasmina Čović. „Wir ergänzen uns gut“, sagt Eylert über das Gespann. „Was uns eint, ist die Leidenschaft“, sagt Čović. Am Rande eines Spiels in Frankfurt lernte man sich kennen, seit 2017 arbeitet man zusammen. Sie ist 26, er älter als 66. Čović, die in Jena Sportmanagement studiert hat und auch fließend Kroatisch spricht, deckt den Balkanraum ab, Eylert die USA, Deutschland, Skandinavien und die Schweiz. Unter den 25 Klientinnen, von denen Nadine Angerer und Simone Laudehr die bekanntesten sind, hat die WFA auch Australierinnen unter Vertrag. Von den Summen her ist das Geschäft mit den Spielerinnen nicht mit den männlichen Kollegen zu vergleichen. „Die Beratergebühren bei Topspielerinnen liegen im deutschen Raum in etwa auf dem Niveau von Drittligaspielern“, sagt Eylert.

Doch die Branche zieht gerade an. „2015, als ich einstieg, gab es noch eine Handvoll Berater, inzwischen steigen die Männeragenturen aber zunehmend ein“, berichtet Čović. Bei Rogon etwa ist nun Ex-Profi Christian Timm für Frauenfußball zuständig, „früher war ich noch der einzige, der Frauen wie Männer betreute“, blickt Eylert zurück. Čović sagt: „Die großen Agenturen holen Spielerinnen dann auch schon mal mit dem Helikopter ab, das können wir nicht leisten.“ Sie hat neben der WFA deshalb noch einen zweiten Job, das Risiko sei ihr sonst zu hoch. „Wenn ich die besten drei, vier Spielerinnen verliere, wäre das hart für mich. Dieser Abhängigkeit will ich mich nicht aussetzen.“ Der Druck im Gewerbe sei ein anderer geworden. Auch deshalb erinnert sich Eylert so gerne an die goldenen Zeiten mit Ali Krieger zurück.

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