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Harter Tobak. Theo Zwanziger, ehemals DFB-Präsident.

© dpa/Kumm

Update

Fußball-WM in Katar 2022: Theo Zwanziger: "Ich würde als Fan nicht zur WM fahren"

Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger hat die Ausrichtung der WM in Katar erneut scharf kritisiert. Anlass ist ein Bericht, nachdem bis Turnierbeginn 7000 Bauarbeiter ums Leben gekommen seien. Politiker fordern den Entzug der Veranstaltung.

Nach Theo Zwanziger verurteilen jetzt auch deutsche Politiker die massiven Menschenrechtsverletzungen auf den WM-Baustellen im Emirat Katar. Der Vorsitzende im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Michael Brand (CDU), unterstützt den Aufruf von Theo Zwanziger, die Veranstaltung zu boykottieren. Gleichzeitig sieht er aber auch Fußballverbände in der Verantwortung. "DFB und UEFA dürfen das nicht laufen lassen - man würde sich mitschuldig an den Toten machen", so Brand.
Ebenfalls harsche Kritik kam von Grünenpolitikerin Claudia Roth. Sie fordert, endlich die Reißleine zu ziehen und dem Emirat die Austragung der WM 2022 zu entziehen. Auch nach Monaten der Kritik habe Katar nichts an den sklavenartigen Arbeitsverhältnissen auf den Baustellen geändert, klagt Roth. "Die WM-Stadien werden mit hohem Blutzoll und unter Missachtung grundlegender Menschenrechte gebaut", sagt sie. "Da kann man nicht einfach weitermachen, als sei nichts gewesen."
Zuspruch bekommt Claudia Roth auch von Sarah Wagenknecht. Die Fraktionsvorsitzende der Linken fordert ebenfalls einen Entzug der WM. Sie hofft zudem, dass die Funktionäre der FIFA endlich Verantwortung übernehmen. Nur so könne man ein Vorbild für die vielen aktiven Sportler weltweit sein.

"Sie wollen einfach nicht"

Hintergrund ist ein Interview mit dem ehemaligen Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, der erneut scharfe Kritik am Emirat Katar übte. „Ich hatte zwischenzeitlich die Hoffnung, dass sie sich aufraffen und tatsächlich etwas verändern. Sie wären auch in der Lage, aber sie wollen einfach nicht“, sagte der 70-Jährige mit Blick auf die Menschenrechtslage in Katar im Gespräch mit der „Welt“ (Freitag).
Man müsse „enttäuscht und resigniert“ feststellen, „dass sich unsere Maßstäbe nicht auf Katar anwenden lassen“, sagte Zwanziger weiter. Anlass der Kritik ist die Veröffentlichung eines neuen Reports der Internationalen Gewerkschaftsunion ITUC zur Ausbeutung von Arbeitskräften in dem Austragungsland der Fußball-Weltmeisterschaft 2022. Darin korrigiert der Verband seine Prognose, dass bis zum Start des Turniers im Emirat 4.000 Bauarbeiter ums Leben kommen werden, nach oben. Nun ist von bis zu  7000 Toten die Rede.
Zwanziger bezeichnete die Zusage der Regierung von Katar, das Arbeitsrecht reformieren zu wollen, als wertlos: „Die Versprechen sind nur Schönfärberei und der Glaube, mit Glanz und Gloria andere Menschen einnebeln zu können. Aber das funktioniert nicht.“ Zwanziger, der bis Mai Mitglied des Exekutivkomitees des Fußball-Weltverbandes Fifa war und dort die „Taskforce Katar“ leitete, kritisierte die „Arroganz der Katarer, ihre Vorstellungen ohne moralische und ethische Grundlagen durchbringen“ zu wollen.

Theo Zwanziger sagt, die neue Fifa-Führung solle Katar die WM entziehen

Der frühere DFB-Boss regte einen Fan-Boykott des Turniers an. „Ich würde als Fan nicht zur WM nach Katar fahren. Ethisch ist ein solcher Besuch nicht zu begründen.“ Rechtlich sei ein Boykott hingegen nicht einfach, so Zwanziger, „aber am besten wäre es, wenn die neue Fifa-Führung Katar die WM entzieht“.

Zwanziger und das katarische Organisationskomitee liegen im Clinch, seitdem der Ex-Funktionär Katar als „Krebsgeschwür des Weltfußballs“ bezeichnet hatte. Deswegen reichte des Komitee Unterlassungsklage gegen Zwanziger beim Landgericht Düsseldorf ein; der Prozess soll am 2. Februar kommenden Jahres stattfinden. (dpa)

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