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Still und starr. Der Bundestrainer während des Spiels gegen Ghana.

© dpa

90 Minuten machtlos: Joachim Löw: Wie ein Zinnsoldat

90 Minuten mit dem Bundestrainer: Joachim Löws einsame Wanderungen beim Spiel, das er gewinnen musste - und das er am Ende auch gewann.

19.53 Uhr: Joachim Löw betritt den Rasen von Soccer City. Sein Team macht sich warm. Einreiher, den Schal akkurat gebunden, ein bisschen zu kalt angezogen für die Temperatur.

20.00 Uhr: Auf der Anzeigetafel werden die Aufstellungen präsentiert. Löw hat die Händen in den Taschen. Bei Kevin-Prince Boateng buht der deutsche Anhang. Erschreckter Blick auf die Ränge.

20.25 Uhr: Die Hymne. Er singt ausdruckslos. Ist dieses sein letztes Deutschlandlied als Trainer?

20.30 Uhr: Anpfiff. Löw hat sich hingesetzt, allerdings ganz vorn auf der Bankkante.

20.32 Uhr: Deutschland das erste Mal im Angriff. Er steht auf, wiegender Gang, Hände in den Taschen, Zinnsoldat meets Gary Cooper. Linke obere Ecke der Coaching Zone. Das ist seine Ecke. Da ist Feuer unterm Eis. Nichts passiert. Schlendert wieder zurück zur Bank. Redet. So wird er es noch oft an diesem Abend machen.

20.37 Uhr: Sucht Halt am linken Pfosten der Trainerbank. Oder will er einfach nur relaxen?

20.47 Uhr: Einwurf für Deutschland. Die Balljungen reagieren nicht. Löw verlässt seine Zone und nimmt dem Kleinen mit der Wollmütze die Kugel aus der Hand. Wirft ihn Boateng zu.

20.54 Uhr: Özil vergibt allein vorm Torwart. Empörung auf der Bank. Löw lehnt sich regungslos an den Pfosten. Sucht offenbar doch Halt.

21.10 Uhr: Foul an Jerome Boateng. Die ganze Bank springt gestikulierend auf. Löw wie der Fels in der Brandung. Hat immer noch die Hände in den Hosentaschen.

21.16 Uhr: Halbzeitpfiff. Schnurstracks in die Kabine. Löst einen Knopf am Sakko. Der Eismann.

21.30 Uhr: Die deutsche Mannschaft kommt zurück. Letzte Anweisungen im Zwiegespräch mit Özil. Seine Handbewegung sagt: „Mehr variieren“.

21.37 Uhr: Asamoah allein vor Neuer. Löw springt auf. Dann Arme kurz vor der Brust verschränkt, dann wieder in die Taschen, dann eine Umklammerung signalisierend. Dem geht die Muffe. Redet. Ruft. Fleht er? Steht wie gerade eben da, wirkt nun aber, als würde ihm der Rücken weh tun. Körperhaltung gestanzt.

21.46 Uhr: Özil trifft zum 1:0. Löw steht jetzt zentral in der Coaching-Zone. Becker-Faust gen Bank. Kurze, ziemlich steife Umarmungen.

21.47 Uhr: Als wäre nichts gewesen. Linke obere Ecke. Hacken zusammen, Füße gespreizt. Gestanzte Haltung.

21.54 Uhr: Dreht sich immer öfter zu Flick um. Schimpft jetzt. Inzwischen leicht windschief von der Hüfte aufwärts. Tritt eine Schritt aus der Zone, blafft Lahm etwas zu.

21.57 Uhr: Jansen kommt. Klatscht aufmunternd in die Hände.

22.07 Uhr: Bringt Toni Kroos. Redet beschwörend auf ihn ein. Trinkt hektisch. Nimmt Schweinsteiger palavernd in Empfang.

22.19 Uhr: Abpfiff. Wie Gary Cooper an die Linie der Coaching Zone. Shake Hands mit dem vierten Schiedsricher. Frostige Umarmung mit Bierhoff.

22.30 Uhr: Löws Gesichtszüge sind entspannt. „Solche Spiele muss man gewinnen“, sagt er.

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