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Kommentar: Im deutschen Tor: Enke, Adler, Schlämmer

Interessiert der Konkurrenzkampf um die Torhüterposition in der Nationalmannschaft eigentlich noch? Stefan Hermanns über den Sinn des Wettstreits.

Joachim Löw hat gestern einen seltsamen Auftritt hingelegt. Er saß vor der versammelten Presse und begann seine Ausführungen mit dem Hinweis, dass es vor dem Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan nur erfreuliche Dinge zu berichten gebe. Nur erfreuliche Dinge? Hatte der Bundestrainer etwa nicht mitbekommen, dass Robert Enke, sein vorläufiger Torhüter Nummer eins, tags zuvor mit einem rätselhaften Infekt das Quartier der Nationalmannschaft verlassen hatte? Oder steckte vielleicht ein tieferer Sinn hinter seinen einleitenden Worten? Im Grunde darf sich Löw durch Enkes kurzfristigen Ausfall in seiner langfristigen Strategie bestätigt fühlen.

Vermutlich ist es egal, ob gegen Aserbaidschans gefürchtete Stürmer (ein Tor in sieben Qualifikationsspielen) Robert Enke, Sepp Maier oder Horst Schlämmer im Tor steht. René Adler, für den sich Löw als Enkes Vertreter entschieden hat, wird aller Wahrscheinlichkeit nach einen geruhsamen Abend erleben. Doch während der Ausfall der Nummer eins gegen Aserbaidschan zu vernachlässigen ist, könnte er vor oder während der WM im kommenden Jahr ganz andere Konsequenzen haben. Löw hat Angst, sich zu früh auf einen WM-Torhüter festzulegen. „Wir wollen diesen Konkurrenzkampf unbedingt“, sagte der Bundestrainer. „Weil wir spüren, dass die Torhüter davon profitieren und nie nachlassen.“

Löws starre Haltung in dieser Frage löst bestenfalls noch Desinteresse aus; die Mehrheit aber ist längst genervt, weil sie die Torwartdiskussion für eine Marotte hält, die sich der Bundestrainer von seinem Vorgänger abgeschaut hat. Doch während Jürgen Klinsmann das Duell um den Platz im Tor vor allem dazu diente, Oliver Kahn auf möglichst unverfängliche Weise loszuwerden, gibt es unter Löw einen weitgehend ergebnisoffenen Konkurrenzkampf. Das liegt auch an den vier Kandidaten. Keiner von ihnen ist den anderen dreien so deutlich überlegen, dass er zwingend die Nummer eins sein müsste. Man kann es natürlich auch positiv sehen. Für wen auch immer sich Löw am Ende entscheiden wird – richtig falsch kann er nicht liegen. 

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