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Die Entscheidung: Wesley Sneijder (r.) erzielt per Kopf den Treffer zum 2:1 für die Niederlande (68.). Brasiliens Spieler können nur noch hilflos hinterher schauen.

© dpa

Niederlande - Brasilien 2:1: Ein Favorit tritt ab

Die Brasilianer gehen gegen Holland schon früh in Führung und verlieren am Ende doch noch 1:2 – die Niederländer gelten nun selbst als Anwärter auf den Titel bei der Weltmeisterschaft in Südafrika.

Die Fußball-WM in Südafrika hat einen Favoriten verloren und einen neuen gewonnen. Mit einem 2:1-Sieg im Viertelfinale über Brasilien beflügelten die Niederländer am Freitag in Port Elizabeth die Hoffnungen ihrer Landsleute, der Traum vom Gewinn der Weltmeisterschaft möge sich doch endlich einmal erfüllen. In einer aufregenden zweiten Halbzeit drehten die Niederländer das Spiel nach einem 0:1-Rückstand vor allem dank der Qualitäten von Wesley Sneijder. Der Spielmacher von Inter Mailand leitete mit einer Flanke das Eigentor von Felipe Melo zum 1:1 ein, das Siegtor schoss er selbst. Für Brasiliens ungeliebten Trainer Carlos Dunga dürfte es das letzte Spiel auf der Bank der Nationalmannschaft gewesen sein.

Dabei hatte der Nachmittag denkbar schlecht begonnen für die Holländer. Es war beim Aufwärmen, als Joris Mathijsen sich plötzlich an den Oberschenkel fasst und dem Trainerstab signalisierte, dass er sich Gedanken zu machen hatte für eine Neuorganisation der holländischen Abwehr. Für den verletzten Hamburger rückte André Ooijer vom PSV Eindhoven in die Innenverteidigung. Der kennt seinen Nebenmann John Heitinga (FC Everton) offenbar nur flüchtig, wenn man die anfänglich Disharmonie im niederländischen Abwehrzentrum zum Maßstab nimmt.

Die Brasilianer weideten sich mit Hingabe an dieser unverhofften Schwächung ihres Gegners. Schon nach acht Minuten stießen sie ein erstes Mal zentral in den Strafraum, und Robinhos aus Nahdistanz erzielter Treffer fand nur deshalb keine Anerkennung, weil der von Luis Fabiano frei gespielte Vorlagengeber Dani Alves einen Tick zu früh losgelaufen war und folglich im Abseits stand. Beim nächsten Versuch war ihnen mehr Glück beschieden. Von der Mittellinie aus spielte Felipe Melo einen schnurgeraden Pass durch die noch um Orientierung bemühte niederländische Innenverteidigung. Viel zu groß war die Lücke zwischen Ooijer und Heintinga, auch Nigel de Jong fühlte sch nicht zuständig. Robinho machte sich gar nicht erst die Mühe, den Ball zu stoppen, und drosch ihn aus vollem Lauf vorbei an Torhüter Maarten Stekelenburg zum 1:0.

Denkbar früh hatten die Brasilianer die Voraussetzungen geschaffen für etwas, was man von ihnen selten sieht. Sie spielten Konterfußball. Kunst ist in diesem System nur ausnahmsweise erlaubt. Einmal schlängelte sich Robinho an zwei Holländern vorbei und spielte weiter auf Luis Fabiano. Dessen Hackenablage brachte Kaká in Position, und nur eine großartige Parade Stekelenburgs verhinderte, dass der Ball im rechten oberen Tordreieck landete.

Es war denn auch ein Brasilianer, der das nächste Tor erzielte, allerdings sehr zur Freude der Niederländer. Wesley Sneijders Flanke kurz nach der Halbzeitpause war nicht einmal besonders gefährlich und wäre von Julio Cesars Faust aus dem Strafraum geboxt worden. Doch direkt vor dem brasilianischen Torhüter touchierte Felipe Melo den Ball und ermöglichte ihm die entscheidende Richtungsänderung zum Ausgleich.

Die Brasilianer reagierten nervös. Lucio ging bei einem Rettungsversuch im Strafraum so ungeschickt zum Ball, dass er ihn mit der Hand berührte und Glück hatte, dass der schlecht postierte japanische Schiedsrichter Yuichi Nischimura nichts gesehen hatte. Diese Szene stand symptomatisch für die plötzliche Unruhe in der brasilianischen Defensive. Auch beim holländischen Siegtor fehlte jede Ordnung, und das nach einer Ecke, einer Standardsituation, wie sie einer Weltklassemannschaft nicht zum Verhängnis werden darf. Alles ging ganz schnell und einfach in dieser 68. Minute: Arjen Robben schoss von rechts, Dirk Kuyt verlängerte auf Sneijder, der ebenfass per Kopf ins linke Eck traf. Als dann Felipe Melo für ein übles Nachtreten gegen Robben Rot sah, war das Spiel gelaufen. Brasilien drückte, Brasilien stürmte, aber Brasilien schoss kein Tor mehr. Fünf Minuten vor Schluss vergab Kaká die letzte Chance.

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