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Blasser Sunnyboy: Cristiano Ronaldo.

© dpa

Portugal: Cristiano Ronaldo: Die Mitspieler als Hindernis

Portugals-Star Cristiano Ronaldo enttäuscht auf und neben dem Platz. Er leidet aber auch unter einem Team, das ihm die Offensive allein überlässt.

Dieser Abgang wird in Erinnerung bleiben. Wie der portugiesische Kapitän vom Platz hastete, vorbei an dem Kameramann, der ihn mit seinem Objektiv verfolgte und auch dokumentierte, wie Cristiano Ronaldo vor ihm demonstrativ auf den Rasen spuckte. Ronaldo ist ein Mann für die besonderen Momente, aber er wird andere Momente vor Augen gehabt haben bei dieser Weltmeisterschaft in Südafrika. Sie war ein einziges Missverständnis für den teuersten Fußballspieler der Welt. Auch, aber nicht nur nach der 0:1-Niederlage im Achtelfinale von Kapstadt gegen Spanien.

Es ist leicht, über einen gockelhaft daherkommenden Spieler wie Ronaldo herzuziehen. Über seine Mätzchen auf dem Platz wie die albernen Pässe hinter dem Standbein. Über seine Theatralik, die kurioserweise einhergeht mit einem Mangel an Leidenschaft; er hat ja nicht einmal die Nationalhymne mitgesungen. Zu reden ist auch über die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit, bei Cristiano Ronaldo war sie in den WM-Tagen gewaltig, wie auch bei ein paar anderen Herrschaften aus Italien und Frankreich und England.

„So wie Rooney nicht Rooney war, war Ronaldo nicht Ronaldo, sondern nur ein Trugbild“, kommentierte das Madrider Blatt „El Pais“, es beobachtet Ronaldo Woche für Woche bei seinen Spielen für Real. Dort ist der Brasilianer Kaká dafür zuständig, den portugiesischen Kollegen in Szene zu setzten für dessen atemberaubenden Tempodribblings und Flügelläufe. Wer gesehen hat, wie herzlich Ronaldo seinem Freund Kaká beim Vorrundenspiel gegen Brasilien in die Arme fiel, der kann diese Szene auch als Symbol deuten. So einen wie Kaká hätte Ronaldo gebraucht, um wie Ronaldo zu spielen.

Es bestand das große Missverständnis auf portugiesischer Seite in der Annahme, ein Alleinunterhalter Ronaldo könne mit seinen Offensivqualitäten ein angemessenes Gegengewicht sein für eine stur defensiv ausgerichtete Mannschaft. „Seine Mannschaft war ein Hindernis für einen Stürmer wie ihn“, analysierte „El Pais“.

Cristiano Ronaldo braucht ehrgeizige Mitstreiter, die auch in der Vorwärtsbewegung für ihn arbeiten. So funktioniert das in Madrid, so hat das in Manchester funktioniert, aber so funktionierte es nicht in der allein auf Abwehrbeton ausgerichteten Selecção, die im kreativen Sinne kein Mittelfeldspiel kannte, sondern dasselbe nur instrumentalisierte, um den spanischen Künstlern Xavi und Iniesta den Spaß am Fußball zu nehmen.

In der Offensive vertrauten die Portugiesen dem Prinzip Zufall und dem individuellen Können ihres Kapitäns. Ronaldo probierte es erst auf der rechten Seite, später auf der linken, und zum Schluss, nach der Auswechslung von Hugo Almeida, musste er auch als Notlösung auf der Position des Mittelstürmers herhalten. Mit gleichbleibendem Misserfolg. Cristiano Ronaldo hing überall in der Luft und wurde allenfalls mit langen Pässen ins Spiel einbezogen.

Bei der WM 2006 in Deutschland und bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren in den Alpen hatte Ronaldo noch von den Ideen des Spielmachers Deco profitiert. Der aber ist entweder verletzt oder mit Trainer Carlos Queiroz zerstritten, so genau weiß man das nicht. Noch in der Nacht zu Mittwoch trat Deco aus der Nationalmannschaft zurück, „aus persönlichen Gründen“.

Als die portugiesischen Reporter später nach Erklärungen verlangten für diesen frühen Abschied von der WM, da rief ihnen Ronaldo zu, sie sollten doch bitte Queiroz fragen, der trage schließlich die Verantwortung. Dieser Satz hat dann einige Unruhe provoziert in den portugiesischen Blättern, sodass Ronaldo später über seinen persönlichen Pressesprecher ausrichten ließ: „Ich habe das nur gesagt, weil Carlos Queiroz gerade in der Pressekonferenz war. Ich hätte nie gedacht, dass dieser einfache Satz so viel Polemik hervorrufen kann“, und niemand möge doch bitte Geister dort suchen, wo es keine gebe. „Ich bin erschöpft und unendlich traurig. Ich leide, und ich habe das Recht, alleine zu leiden.“

So, wie er bei der Weltmeisterschaft in Südafrika auch auf dem Platz alleine litt. Auch wenn sich diese Feststellung nicht fügt in das Klischee einer egoistischen Diva.

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