zum Hauptinhalt
305158_0_be52e8d8.jpg

© dpa

WM-Qualifikation: Verwirrende Botschaften

Nach dem blamablen 1:1 gegen Finnland kann sich Bundestrainer Joachim Löw nur auf seinen Stamm-Kader verlassen – ansonsten bleiben viele Fragen offen

Als zur Halbzeitpause der Schiedsrichter mit den Zuschauern um die Wette pfiff, hatte Lukas Podolski nur eins im Sinn. Weit drüben, am anderen Ende des Spielfeldes, war er auf Jari Litmanen zugegangen. Der 38 Jahre alte Fußballprofi ist so etwas wie der Günter Netzer des finnischen Fußballs. Ein Regisseur alter Schule. Weil es von dieser Sorte Spieler nicht viele gibt – erst recht nicht in Finnland – spielt Litmanen immer noch. Das Spiel in Hamburg gegen Deutschland war sein 129. Länderspiel. Nun also tauschten die beiden Zehner ihrer jeweiligen Mannschaften ihre Trikots. Podolski schritt stolz mit seiner Trophäe in die Kabine.

Am Mittwochabend hätten eigentlich alle deutschen Spieler schon nach 45 Minuten ihr Trikot tauschen und duschen gehen können, so ausgelaugt wirkte ihr Spiel. Egal wen der Bundestrainer aus dem Spiel genommen hätte, es hätte den Richtigen getroffen. Dass es Podolski nicht getroffen hatte, sollte sich noch auszahlen. Der Kölner egalisierte in der 90. Minute die Führung der Finnen.

Es war ein Tor, das in seiner Entstehung und Umsetzung symptomatisch war für das von Unzulänglichkeiten und Zufälligkeiten geprägte Spiel der Deutschen. „Wir können froh sein, dass wir durch so ein Gurkentor noch unentschieden gespielt haben“, sagte Verteidiger Arne Friedrich. Es sprach für den Berliner, dass er keinen Versuch unternahm, etwas zu beschönigen. „Wir wollten konzentriert und mit Elan spielen, aber das Spiel hat sich in eine völlig andere Richtung entwickelt.“

Und doch konnte niemand so recht erklären, warum die Mannschaft von Joachim Löw so schlecht agiert hatte. War es der Stil der staksigen Finnen, der den Deutschen nicht liegt? War es die im Vergleich zum Russlandspiel auf sechs Positionen veränderte Teamaufstellung oder aber lag es wieder daran, dass es im abschließenden WM-Qualifikationsspiel um nichts mehr ging? Löw glaubte an Letzteres: „Es ist nach dem glanzvollen Erlebnis von Moskau nicht leicht in ein solches Spiel zu kommen “, sagte der Bundestrainer. Aber auch so ein Spiel liefere „wertvolle Erkenntnisse“, zum Beispiel, „dass manche Spieler besser in ein 4-4-2 als 4-3-3-System passen“.

Er hätte auch sagen können, mancher Nationalspieler gehört in dieser Verfassung gar nicht ins Auswahlteam. Sei’s drum. Ein bisschen lag es wohl an allem. Löw hatte mit einem gewissen Leistungsabfall nach Moskau gerechnet. Auch deshalb hatte er das Duell mit den Finnen zum ersten Test für die WM ausgerufen. Folglich müsste er zu der Erkenntnis gelangen, dass er einen Spieler wie den Stuttgarter Stürmer Cacau nicht gebrauchen kann, und dass dessen Vereinskollege Thomas Hitzlsperger nur dann eine Option für das zentrale defensive Mittelfeld ist, wenn der im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Ähnliches ließe sich über Piotr Trochowski und Mario Gomez sagen, die sich bemühten, aber ineffizient blieben. Nur Andreas Beck, als Alternative auf der rechten Abwehrseite getestet, konnte seinen Bedeutungsverfall mit zunehmender Spielzeit stoppen. „Er hat sich ins Spiel gebissen“, sagte Löw über den Hoffenheimer.

So richtig zufrieden konnte niemand sein mit dem deutschen Auftritt. Welches Signal also geht vom deutschen Fußball gut acht Monate vor Turnierbeginn aus? Ist es die Botschaft, gegen Russland, einen Großen des Fußballs, zweimal gewonnen zu haben, was beeindrucken könnte? Oder aber bleibt hängen, dass es für Deutschland in zwei Versuchen gegen Finnland nicht zu einem Sieg gereicht hat? Gegensätzlicher können zwei Botschaften nicht sein.

Beruhigend für Löw ist, dass sein personelles Gerüst für Südafrika steht, und dass auf dieses, 14 Spieler umfassende Gerüst Verlass ist, wenn es drauf ankommt. Im Wesentlichen ist es jene Mannschaft, die im vergangenen Jahr im EM-Finale gestanden hatte. Torwart René Adler ist neu in den Stamm gerutscht, ebenso wie Mesut Özil. Als sicher gilt, dass Löw an Jerome Boateng festhalten wird. Der junge Hamburger Verteidiger kann trotz seines Feldverweises in Moskau den Sprung in die WM-Elf schaffen. Und auch Gomez wird seine Form finden. Vielleicht kommt noch der Leverkusener Stefan Kießling oder der Münchner Thomas Müller hinzu, die in den Länderspielen im November zum Einsatz kommen sollen.

„Wir haben eine souveräne Qualifikation gespielt, wir haben uns deutlich behauptet“, sagte der Bundestrainer zufrieden. Seit der WM 2006 spiele die deutsche Elf wieder in der Weltspitze mit. Möglich, dass die großen Gegner wirklich mehr Respekt vor den Deutschen haben als die kleinen. Nur warten Letztere in der Vorrunde einer WM. Danach sollte alles von allein gehen. Eigentlich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false