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Hardy Hötger

© Frank Sorge

Galoppsport: Hoppegarten – Paris

Judo war gestern: Hardy Hötger träumt jetzt als Trainer von den größten Pferderennen der Welt.

Jedes Mal, wenn Hardy Hötger den Bois de Bologne im Westen von Paris betritt, hat er ein verdammt gutes Gefühl. Das geschieht einmal im Jahr, am ersten Wochenende im Oktober, wenn dort der Prix de l'Arc de Triomphe ausgetragen wird, eines der bedeutendsten internationalen Pferderennen. „Dieses Highlight der Galopper zieht mich schon seit Jahren magisch an, notfalls würde ich dahin auch laufen“, sagt der Mann aus Hoppegarten. Die Nähe zu den um ein Millionen-Preisgeld laufenden Ausnahmepferden bringt den 41-Jährigen dann auch immer mal wieder zum Träumen. „Ich möchte in Longchamp einmal auf der anderen Seite stehen, nicht außerhalb des Führrings als Zuschauer, sondern innerhalb als Trainer“, sagt Hötger. Dann gibt der gelernte Koch aber auch zu: „Mir ist klar: Das klingt für einen Neuling im Geschäft ziemlich hoch gegriffen.“

Hötger ist erst seit rund fünf Monaten eigenverantwortlicher Trainer, und in seinem Stall stehen neun Pferde, von denen er fünf an den Start bringen kann. Kein Hochkaräter ist dabei, beim heutigen zweiten Saisonrenntag in Hoppegarten (das erste von sieben Rennen findet um 15 Uhr statt) erlebt er mit dem vierjährigen Neuschnee und dem bereits neunjährigen Desert Devil seine Premiere als Trainer.

Während der Wallach Neuschnee bisher noch keine Rennen bestritten hat, konnte Desert Devil für andere Trainer in 36 Rennen gerade mal 9000 Euro einlaufen und steht damit ganz unten in der Leistungsbilanz. „Wenn Desert Devil aber mal Lust hat und nicht getrieben wird, kann er in dieser Klasse schon mal ganz vorn dabei sein“, sagt Hötger. Er weiß, dass es ohne Meriten für ihn wirtschaftlich schwer wird, gut zu arbeiten.

Begonnen hat er mit einem Kredit und der Sicherheit, dass seine Frau einen Job hat. Er selbst verdient „praktisch nichts“, was bei den 650 Euro, die ein Besitzer für sein Pferd im Monat bei ihm bezahlt, auch kein Wunder ist. In westdeutschen Ställen kostet dieses Hobby nicht selten das Doppelte. „Ich bin mir schon bewusst, dass es ein schwieriger Start wird“, sagt Hötger, dessen sportliche Vorgeschichte von zwei Metiers maßgeblich geprägt ist: Pferde und Judo.

Als Sohn des bei Olympia, WM und EM mit Medaillen von Gold bis Bronze dekorierten Dietmar Hötger, der bis 2000 Männer-Bundestrainer war, ging er jahrelang ebenfalls im weißen Judogi auf die Matte und lernte die Tai-o-toshi-, Uchi-mata- oder O-soto-gari-Techniken. Als Nachwuchskämpfer war er damit auch recht erfolgreich. Aber, nur ein paar Meter von der Rennbahn aufgewachsen, zog es den Judoka auch immer zu den Pferden. Ende der Achtzigerjahre begann er als Amateur beim Turf, später sah er seine Perspektive als Futtermeister.

Mit dem Aufschwung der Rennbahn Hoppegarten wurde für Hötger eine Frage immer lauter und prägnanter: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Hötger hatte noch vor der Trainerprüfung eine zweijährige Ausbildung zum tiermedizinischen Fachangestellten abgeschlossen. Schon damals hatte er den Gedanken, anschließend den Trainerschein zu erwerben. Den besitzt er inzwischen längst.

Und jetzt lebt er im harten Alltag eines Galopptrainers. „Ich lege auf Struktur und Sauberkeit großen Wert“, sagt Hötger. Auch in dieser Frage sind bei ihm die Eindrücke von Paris-Longchamp haften geblieben.

Im Oktober wird er dort wieder auf der Tribüne stehen und träumen.

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