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Sport: Gedemütigt

Hertha BSC verliert 1:4 gegen Leverkusen und damit wohl auch seinen Trainer Huub Stevens

Berlin. Das Spiel war noch nicht einmal zu Ende, da stand Huub Stevens schon weit abseits und allein. Schiedsrichter Markus Merk hatte Herthas Trainer nach einem Wortgefecht kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit auf die Tribüne verbannt. Da es im Olympiastadion hinter der Trainerbänke derzeit keine Tribüne gibt, stellte sich Stevens neben eine Baugrube. Von da aus musste er mitansehen, wie seine Mannschaft von Bayer Leverkusen demontiert und schließlich mit 1:4 (0:1) geschlagen wurde.

Schon vor dem Spiel hatte ein Großteil der 36 538 Zuschauer im Olympiastadion den Rauswurf des Berliner Trainers gefordert. Das allerdings irritierte die Mannschaft mehr als den Niederländer. Hertha begann schwach und ließ stark nach. Hertha bleibt in der Bundesliga auch nach dem neunten Spieltag sieglos. Ob und wie lange Huub Stevens noch Herthas Trainer bleiben wird, dürfte in den nächsten 24 Stunden entschieden werden. Schon vor dem Spiel war der Beteiligungsausschuss des Vereins, das höchste Kontrollgremium Herthas, zu einer zeitnahen Krisensitzung eingeladen worden.

Dass das Spiel gegen Leverkusen für Stecens’ Verbleib einen entscheidenen Charakter hatte, zeigte sich in einer riskanten Personalentscheidung. Erstmals seit seinem Mittelfußbruch am 2. August lief Herthas Spielmacher Marcelinho auf. Sechs Wochen hatte er Gips getragen, nur zweimal mit der Mannschaft trainiert. Stevens spielte die letzte Trumpfkarte aus. Gerade sein Mitwirken sollte eine Signalwirkung haben. Und tatsächlich suchten ihn seine Mitspieler. Der 28-jährige Brasilianer wirkte als einziger der Berliner unbelastet. Er mühte sich und probierte viel. Doch auch ihm gelang es nicht, Hertha aus der Krise zu schießen. Nach 70 Minuten wurde er erschöpft ausgewechselt.

Leverkusen ist nun alles andere als Herthas Wunschgegner. Nur eins von zehn Spielen hatten die Berliner siegreich gestalten können. Auch gestern griff die allgemeine Verunsicherung schnell um sich. Eine Verkettung von Fehlern nutze Leverkusens Stürmer Franca nach nur zehn Minuten zur Führung. Erst war Artur Wichniarek, dann auch noch Pal Dardai ausgerutscht. Sobald die Elf von Klaus Augenthaler das Tempo anzog, verfiel Herthas Abwehr in ein heilloses Durcheinander. Nach einer halben Stunde musste Arne Friedrich angeschlagen das Feld verlassen. Für den Nationalspieler kam Denis Lapaczinski. Und in der Halbzeit bliebt Kapitän Dick van Burik in der Kabine, Alexander Madlung übernahm dessen Posten. Die gereizte Stimmung aber auf den Rängen blieb.

Die offensiven Bemühungen der Berliner waren so gut wie nicht vorhanden. Ganze drei Tore hatten die Berliner im Olympiastadion im Laufe der Saison zu Stande gebracht. Zum ersten flüssigen Angriff gegen Leverkusen kam es zu Beginn der zweiten Hälfte. Lapaczinski gewann ein Kopfballduell. Der Ball landete bei Fredi Bobic, der per Direktabnahme den Ausgleich erzielte. Doch die Freude der Berliner dauerte nicht lange. Nach einer völlig überflüssigen Beingrätsche an Leverkusens Ponte sah Torvorbereiter Lapaczinski die Rote Karte. In den folgenden Minuten spielten sich merkwürdige Szenen ab. Erst musste sich ein wütender Huub Stevens von der Ersatzbank entfernen, doch noch bevor Herthas Trainer den ihm vom Schiedsrichter zugewiesenen Platz erreicht hatte, war Leverkusen erfolgreich. Berbatow hatte den eingewechselten Madlung abschütteln und Torwart Kiraly überlisten können. Ganze zehn Minuten später wurde der numerische Gleichstand wieder hergestellt – allerdings nur der des kickenden Personals. Merk hatte Leverkusens Abwehrspieler Diego Placente die Rote Karte gezeigt, nachdem er Bart Goor in die Beine gefahren war. Hertha hatte die Orientierung vollends verloren, Leverkusen lauerte auf Konter. Die ergaben sich zwangsläufig. In der 72. Minute war Bernd Schneider zum 3:1 erfolgreich, Babic traf dann zum 4:1. Hertha fiel förmlich auseinander. Die Vorstellung der Mannschaft in der verbleibenden Zeit darf mit dem Wort desolat bezeichnet werden.

Klaus Rocca

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