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Robin Gosens war der Mann des Tages in München beim 4:2-Sieg gegen Portugal.

© Alexander Hassenstein/Reuters

Update

Gegen Portugal gelingt erster EM-Sieg: Deutsche Nationalelf spielt stark auf und gewinnt 4:2

Die deutsche Nationalmannschaft hat gegen Portugal eine starke Reaktion auf die Auftaktniederlage gezeigt. Das Team von Joachim Löw ist zurück im Turnier.

So sieht Entschlossenheit aus. Robin Gosens erwischte den Ball gerade noch vor der Torauslinie, er lag fast waagerecht in der Luft, als wollte er sich für eine tragende Rolle in einem Bruce-Lee-Film empfehlen. Der Linksverteidiger der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wuchtete den Ball mit einem Scherenschritt ins Tor der Portugiesen, nicht mal fünf Minuten waren da gespielt.

Auch wenn der Treffer zum vermeintliche 1:0 nach Eingriff des Videoschiedsrichters nichtzählte: Diese frühe Szene aus dem zweiten EM-Gruppenspiel sagte einiges aus über die Haltung der deutschen Mannschaft: Heute werfen wir uns mit allem rein, was wir haben, um das größte anzunehmende Unglück, ein Aus bei der Europameisterschaft schon nach der Vorrunde, zu verhindern. Und sie sagte einiges über Robin Gosens, der beim beeindruckenden 4:2 (2:1)-Erfolg der Deutschen gegen den Titelverteidiger der beste Mann war, zwei Tore vorbereitete und eins selbst erzielte.

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Bundestrainer Löw war sich vor dem zweiten EM-Spiel wieder einmal treu geblieben – und damit auch seiner Mannschaft. Ungeachtet aller guten Ratschläge, die ihn in den vergangenen Tagen erreicht hatten, bot er dieselbe Startelf auf wie bei der 0:1-Niederlage gegen Frankreich vier Tage zuvor.

Ob er lange gegrübelt habe, wurde Löw kurz vor dem Anpfiff in der ARD gefragt. „Nicht so sehr“, antwortete er. Trotz identischer Aufstellung wollte der Bundestrainer von seiner Mannschaft ein anderes Gesicht sehen: mit mehr Mut und mehr Entschlossenheit im Spiel nach vorne – ohne dabei die Defensive zu entblößen. „Wir sind auf der Suche nach der goldenen Mitte“, sagte Löw.

Der Anfang sah eher so aus, als seien die Deutschen auf der Suche nach ungebändigter Offensive. Die erste Viertelstunde war das Begeisterndste und Mitreißendste, was die Nationalmannschaft seit längeren gezeigt hat. Ihr Energielevel war ein ganz anderes als beider Auftaktniederlage gegen Frankreich. Die Räume waren gut besetzt, so dass die Deutschendeutlich besser kombinieren konnten und immer wieder den Strafraum der Portugiesen penetrierten. „Wir waren mutiger, wir waren kreativer“, sagte Thomas Müller nach dem Spiel.

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Alles schien plötzlich wieder leicht – bis die Portugiesen nach einem billigen Standard in Führung gingen. Nach einer Ecke der Deutschen. Cristiano Ronaldo köpfte den Ball aus dem eigenen Strafraum, und dann ging es für die aufgerückte und naive deutsche Defensive zu schnell. Nach einem langen Diagonalball von Bernardo Silva passte Diego Jota in die Mitte, wo der alte, aber offenbar immer noch rasend schnelle Ronaldo zum 1:0 für den Titelverteidiger vollendete. Im fünften Duell mit der Nationalmannschaft gelang ihm damit erstmals ein Tor.

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Die Deutschen brauchten eine gute Viertelstunde, ehe sie sich von diesem Schlag wiedereinigermaßen erholt hatten und erneut in den Angriffsmodus übergingen. „Der Auftrag war, dass wir in der Offensive ganz andere Kraft erzeugen“, sagte Löw.

Vieles von dem, was der Bundestrainer seinem Team mitgegeben hatte, wurde umgesetzt. „Unser Ansinnen war, dass wir über die Außenpositionen für mehr Gefahr sorgen“, erklärte Löw. Die beiden Außenverteidiger spielten fast wie weitere Stürmer und waren an allen Toren beteiligt.

Vor dem 1:1 fand Joshua Kimmich mit seiner Flanke sein Pendant Gosens im portugiesischen Strafraum, der den Ball mit viel Risiko gleich wieder in die Mitte beförderte. Ruben Dias war zwar einen Schritt schneller als Kai Havertz, lenkte den Ball aber ins eigene Tor.

Zwei Eigentore bringen Deutschland zurück ins Spiel

Die Nationalmannschaft war zurück im Spiel – und mehr noch: zurück im Turnier. Sie sah ihre Chance und suchte sie. Nur vier Minuten nach dem 1:1 bewiesen die Deutschen erneut ihre Entschlossenheit. Nach Havertz‘ Torschuss schien der Ball schon auf dem Weg ins Aus, doch Kimmich blieb hartnäckig, brachte ihn noch einmal in die Mitte, und diesmal war es der Dortmunder Raphael Guerreiro, der ins eigene Tor traf. Es war das vierte EM-Tor in der Münchner Arena und das dritte Eigentor.

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Aber an diesem hochsommerlich heißen Abend waren die Deutschen keineswegs nur auf fremde Hilfe angewiesen. Sie nahmen die Dinge selbst in die Hand, ließen auch nach der Pause nie den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass sie das Stadion als Sieger verlassen würden.

Der dritte Treffer hatte exakt den gleichen Bauplan wie das 1:1. Wieder passte Gosens den Ball nach einer Seitenverlagerung direkt in die Mitte, und diesmal war es tatsächlich Havertz, der vollstreckte. Zehn Minuten später erledigte Gosens die Sache dann selbst. Wie der wuchtige Mittelstürmer, den die Deutschen zuletzt so sehr vermisst haben.

Kimmichs Flanke wuchtete er per Kopf zum vorentscheidenden 4:1 über die Linie. „Ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, sagte der 26 Jahre alte Profi von Atalanta Bergamo, der in der Nationalmannschaft ein Spätberufener ist. „Da ist mir mehr als einer abgegangen. Das ist magisch.“

Wucht und Entschlossenheit waren auch beim letzten Tor des Spiels noch einmal zu sehen. Ronaldo erwischte den Ball gerade noch vor der Linie, brachte ihn in die Mitte, wo Diogo Jota ohne Probleme einschießen konnte. Besser hätten die Deutschen das an diesem Abend auch nicht hinbekommen.

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