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Sport: Gehobene Unterhaltung

Deutschland besiegt Mexiko nach Verlängerung 4:3 – und begeistert mal wieder das Publikum

Die Welt des Fußballs hat ihr eigenes Musikprogramm. Seit Urzeiten liebt sie es, die großen Sieger mit „We are the champions“ zu feiern, so wie sie traurige Verlierer mit „Always look on the bright side of life“ zu trösten versucht. Als gestern Abend das Spiel um Platz drei im Leipziger Zentralstadion zu Ende war, sang Robbie Williams „Let me entertain you“. Ein passenderes Lied hätte es in diesem Moment gar nicht geben können. Die Auftritte der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sind wieder gehobene Unterhaltung: 4:3 (3:3, 2:1) gewann sie gestern nach Verlängerung das kleine Finale des Confed-Cups gegen Mexiko. „Es macht im Moment Riesenspaß, hier mitzuspielen“, sagte Kapitän Michael Ballack, der in der 97. Minute mit einem direkt verwandelten Freistoß aus 22 Metern den entscheidenden Treffer erzielte.

Die Begegnung hatte in 120 Minuten all das, was die bisherige Amtszeit des Bundestrainers Jürgen Klinsmann ausgezeichnet hat. Die Nationalmannschaft macht wieder Spaß, sie spielt im Zweifel nach vorne, macht hinten Fehler und lässt gelegentlich die nötige Cleverness vermissen. Mike Hanke, der zum ersten Mal in der Anfangself stand, ließ sich in der 53. Minute zu einem Revanchefoul verleiten und sah dafür die Rote Karte. Dem Reglement zufolge ist er damit für das nächste Pflichtspiel gesperrt. Das wäre das WM-Eröffnungsspiel im kommenden Jahr. „Das ist ein Unding“, sagte Jürgen Klinsmann. „Da wird es einen sehr heftigen Einspruch von uns geben.“

Seine Mannschaft glich die Unterzahl durch zusätzliche Leidenschaft aus. „Wir hatten nie die Sorge, dass das Spiel verloren geht“, sagte Klinsmann. Allerdings übertrieben die Deutschen, angetrieben vom Leipziger Publikum, nach dem Platzverweis gelegentlich den körperlichen Einsatz. Zwei der drei mexikanischen Tore fielen nach Freistößen. Bis zum letzten Moment aber sahen die Zuschauer ein berauschendes Spiel. „Wir haben Spaß, und das merken die Leute“, sagte Klinsmann. Mexikos Torhüter Oswaldo Sanchez hatte bis gestern in 390 Spielminuten ganze zwei Tore kassiert, die Deutschen erzielten gegen ihn in 120 Minuten gleich vier. Trotzdem konnten sie das Spiel nicht vorzeitig für sich entscheiden.

Was sich die Mannschaft mit ihrem Offensivspiel vorne aufbaut, reißt sie sich mit ihren Defensivschwächen hinten wieder ein. „An der Defensive müssen wir noch arbeiten“, gab auch Michael Ballack unumwunden zu. Seine Forderung: „Wir müssen jetzt zusehen, dass wir es beim nächsten Mal nicht ganz so spannend machen.“ Dreimal gingen die Deutschen in Führung, ihr Vorsprung währte jedoch nie lange. Nach dem 1:0 durch einen Fernschuss von Lukas Podolski (37.) dauerte es drei Minuten, ehe Torsten Frings vor dem Strafraum den Ball verlor und Fonseca zum 1:1 traf. Doch auch die Deutschen sind zu schnellen Reaktionen fähig. Nur eine Minute nach dem Ausgleich staubte Bastian Schweinsteiger nach einer schönen Vorarbeit von Andreas Hinkel zum 2:1 ab.

In dieser Intensität ging es zunächst auch nach der Pause weiter. Fünf Minuten nach Hankes Platzverweis traf Borgetti nach einem Freistoß per Kopf zum 2:2. Per Mertesacker konnte ihn nicht entscheidend stören. Auf die gleiche Weise gelang dem mexikanischen Stürmer fünf Minuten vor Schluss auch noch das 3:3, diesmal versuchte sich der Stürmer Gerald Asamoah vergeblich als sein Gegenspieler. Der Schalker ist bisher nicht als Kopfballspieler auffällig geworden. Dafür hatte sich ein Verteidiger als Torschütze ausgezeichnet: Robert Huth hatte in der 79. Minute nach einem Eckball von Bastian Schweinsteiger das vermeintlich entscheidende Tor erzielt. Im verlorenen Halbfinale war er noch die Schwachstelle in der deutschen Abwehr gewesen. „Bei Robert geht es von einem Extrem in das andere Extrem“, sagte Jürgen Klinsmann. So wie bei der ganzen Mannschaft.

Dennoch überwog nach dem Turnier die Zufriedenheit. Teammanager Oliver Bierhoff wertete das Abschneiden der eigenen Elf als „Riesenerfolg“: „Man merkt, hier entwickelt sich etwas, ganz Deutschland steht hinter uns.“ Auch Bierhoff will diese Entwicklung weiter mit vorantreiben. Der DFB will seinen 2006 auslaufenden Vertrag verlängern. Bierhoff fordert in diesem Zusammenhang eine Ausweitung seiner Kompetenzen und vor allem ein Mitspracherecht bei der Entscheidung, wer nach der WM 2006 Bundestrainer wird.

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