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Sport: Generationenkonflikt zum Genießen

Erst demonstrieren Arsenals Junge und Milans Alte ihre Stärken, hinterher schwärmen sie voneinander

Als das inzwischen richtig aufregende Spiel seinen Männern am Schluss ganz davonzurasen drohte, zog Carlo Ancelotti die Notbremse: Der Trainer des AC Mailand wechselte den – angeblich – 31-jährigen Emerson ein, das fußballerische Äquivalent einer Valium-Tablette. Mit der erlesenen Körperschlaffheit eines Stadtbadkickers und den größten Shorts im Spitzenfußball drosselte der frühere Leverkusener den Schwung von Arsenals Jungspunden ab, ohne dabei oft an den Ball zu kommen. Einmal klärte er noch mit dem Kopf kurz vor der Linie. Bei Emmanuel Adebayors Lattentreffer in der Nachspielzeit, der größten Chance der gesamten Partie, blieb der Brasilianer dezent im Hintergrund: Er hatte sicher gewusst, dass der Togolese die Gelegenheit ungenutzt lassen würde.

Die Italiener waren am Mittwochabend nicht in der Lage, entscheidende Akzente nach vorne zu setzen in diesem Achtelfinalhinspiel der Champions League, das 0:0 endete. Milans einziger Jugendlicher, der 18-jährige Alexandre Pato, wurde zusammen mit Kaká tief in des Gegners Hälfte abgeschoben und äußerst stiefmütterlich behandelt. Der Spielaufbau lahmte, Milan flüchtete sich in die gewaltige Routine und Verteidigungskunst – allein die intelligenten Bewegungen ihrer Viererkette zu beobachten, war ein Genuss. Sehr zufrieden waren sie mit dem torlosen Unentschieden natürlich am Ende – nach der weitgehend komfortablen ersten Hälfte hatten ihnen die kombinationssicheren Londoner nämlich doch noch arg zugesetzt. „Sie hatten mehr verdient gehabt, sie hatten die Chancen“, sagte Milans Clarence Seedorf gut gelaunt, „wir hatten ein bisschen Glück.“ Und zudem mit Zeljko Kalac, dem 2,02 Meter großen australischen Giganten im Tor der Italiener, der auch die schärfsten Schüsse erstaunlich souverän pariert.

Zwar nicht das Spiel, aber doch sehr viel Respekt voreinander hatten beide Mannschaften nach dem Patt gewonnen. „Gegen Adebayor ist es schwer zu spielen? Das kann man laut sagen“, sagte Seedorf und lachte so laut, als hätte er den Witz des Jahres gerissen. „Die sind soooo gut“, schwärmte der starke Alexander Hleb neben ihm, „die machen alles mit Ruhe, die sehen alles, die können das Spiel riechen.“ Während er dieses Lob aussprach, lehnte der Weißrusse seinen Oberkörper zurück und streckte die Hände aus, als räkele er sich in einer Hängematte. Besonders hatte ihm die Fairness der Gäste imponiert „Am Schluss gab es Bussi-Bussi“, sagte er lachend.

Beiden Teams gingen ausgerechnet jene Qualitäten ab, die bei den anderen im Überfluss vorhanden waren; das war die schönste Pointe des Generationenkonflikts. Während Seedorf mangelnde körperliche Frische beklagte, monierte Arsenals Trainer Arsène Wenger „Nervosität vor dem Tor“ und fehlende Abgeklärtheit: „Wir wollten es zu sehr vom Zaun brechen“. Der Franzose würde für das Rückspiel am liebsten den penibel gepflegten Rasen mit ins weniger lichte San Siro nehmen, im Sinne des Spektakels läge aber ein anderes Tauschgeschäft noch viel näher: vielleicht sollte man anstatt nach dem Prinzip „Jung gegen Alt“ aufzustellen, die Teams einfach mal ein wenig durchmischen.

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