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Sport: Geradeaus, ohne Respekt vor großen Namen

ZADAR .Der Basketball-Bundestrainer Henrik Dettmann hat vor kurzem seinem Kollegen Svetislav Pesic ein dickes Kompliment gemacht.

ZADAR .Der Basketball-Bundestrainer Henrik Dettmann hat vor kurzem seinem Kollegen Svetislav Pesic ein dickes Kompliment gemacht.Der Finne behauptete nämlich: "Patrick Femerling hat in drei Monaten bei Alba Berlin mehr gelernt als in drei Jahren in den USA." Femerling ist der talentierteste deutsche Centerspieler und steht seit dieser Saison beim Deutschen Meister unter Vertrag.Der 23jährige ist aber nicht nur ein überdurchschnittlich begabter Basketballer, sondern auch ein erfrischend offener Mensch.Deshalb sagt er unverblümt, was er von solcher Einschätzung hält, die natürlich beinhaltet, daß er viel weiter sein könnte, hätte er auf das Abenteuer Amerika verzichtet: "Hätte, würde, sollte, könnte - damit kann ich nichts anfangen.Ich habe mich sehr wohl weiterentwickelt, basketballerisch, physisch", und vor allem: "Das waren wichtige Jahre für mich, weil ich ziemlich auf mich allein gestellt war."

Es gibt ja auch noch ein Leben jenseits der Basketball-Körbe.Und weil Patrick Femerling ein Kämpfertyp ist, hat der damals 20jährige am College of Washington in Seattle alle Anpassungsprobleme gemeistert.An derselben Hochschule, an der einst die Deutschen Detlef Schrempf und Chris Welp ihre Karrieren begannen.Das prägt und beflügelt.Sein Soziologiestudium, das er dort begann, weil ihn gesellschaftliche Zusammenhänge interessieren, will er als Fernstudent beenden: "Irgendwann muß man mal etwas für den Kopf tun, immer nur Basketball, das ist ein bißchen wenig." Seine Zeit in den USA bereut er nicht, warum auch.Nationalspieler ist der gebürtige Hamburger trotzdem geworden.Bei der EM-Endrunde 1997 in Spanien, sagt Dettmann, "war Patrick bester deutscher Spieler".Ohne übertriebenen Respekt vor großen Namen hat der Novize auf sich aufmerksam gemacht.Vielleicht liegt es an seiner respektablen Länge von 215 Zentimetern (Schuhgröße 49 1/2), daß er über solchen Dingen steht.

"Patrick hat Talent, er kann Dinge umsetzen, die man ihm während eines Spieles sagt, und will immer gewinnen", hat Pesic an Femerling beobachtet."Das sind gute Voraussetzungen.Was er braucht, ist eine Tonne Arbeit", sagt Pesic und meint damit, daß der junge Mann noch viel investieren muß, damit seine Qualitäten noch mehr zum Tragen kommen.Der weiß das, "ich bin ja noch lange kein fertiger Spieler", und zum Arbeiten sei er hierhergezogen, meint der Center, der im Alter von 15 Jahren als Straßen-Basketballer auf einem Düsseldorfer Freiplatz vom Jugendtrainer Johannes Buchwald entdeckt und angesprochen wurde.Damals war er schon 1,99 m groß."Ich versuche, so hart zu trainieren und so gut zu spielen, wie ich kann", sagt Femerling.Dann wird man weitersehen.Er scheint seine Sache gut zu machen, denn Patrick Femerling hat viel Spielzeit bei Alba.Trainer und Mannschaft vertrauen ihm.

Überhaupt ist alles bisher sehr schön in Berlin - Femerling, Marko Pesic, Vladimir Bogojevic, Sven Schultze, Robert Maras und Stefano Garris wohnen alle im selben Haus in Tiergarten.Da kommt keine Langeweile auf."Ich würde gern mit der Truppe zusammenbleiben", sagt Femerling, "aber im heutigen Profi-Geschäft ist das nicht so einfach, eine Mannschaft zusammenzuhalten." Daß er als Sportler im Vergleich zu anderen Menschen glatt überbezahlt ist, empfindet er so, aber wer würde freiwillig Geld ablehnen, das ihm andere für seine Arbeit anbieten? "Außerdem kann man diesen Job nicht so lange machen." Patrick Femerling bleibt auf dem Teppich.Mit seinem ersten Profisalär ist er hochzufrieden.Sein "Agent" und er dürften in Europa ein seltenes Duo sein.Mutter Hannelore hat den Vertrag mit Alba ausgehandelt."Sie ist eine energische Person", sagt Patrick und freut sich diebisch.

DIETMAR WENCK

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