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Sport: Gerd Kische im Gespräch: "Das DDR-Erbe ist verbraucht"

Gerd Kische (48) spielte 63 mal für die DDR. Nach der Wende war er Präsident von Hansa Rostock.

Gerd Kische (48) spielte 63 mal für die DDR. Nach der Wende war er Präsident von Hansa Rostock.

Wissen Sie noch, was Franz Beckenbauer nach dem WM-Sieg 1990 gesagt hat?

Ach, eine ganze Menge.

Unter anderem, dass eine vereinte deutsche Nationalmannschaft auf Jahre hinaus unschlagbar sei.

Ach, der Franz, ich schätze und mag ihn. Wir kennen uns ja seit dem WM-Spiel zwischen der BRD und der DDR 1974 in Hamburg. Aber man kann doch nicht alles ernst nehmen, was er sagt.

Wer ist denn schuld daran, dass es ein wenig anders gekommen ist, als Beckenbauer damals prophezeit hat?

Bestimmt nicht die Spieler aus der ehemaligen DDR. Schauen Sie sich doch heute nur mal die Nationalmannschaft an, da kommt die Hälfte aus dem Osten.

Und jetzt haben die Bayern noch gegen Rostock verloren.

Na und? Als ich noch Präsident von Hansa war, haben wir in unserer ersten Bundesligasaison beide Spiele gegen die Bayern gewonnen - und sind trotzdem abgestiegen.

Aber dann auch wieder aufgestiegen. Warum hat es ausgerechnet Hansa geschafft, sich als einziger Ostverein oben zu etablieren?

Da kommen viele Dinge zusammen. Das Wichtigste aber war wohl damals, dass wir kaum Glücksritter aus dem Westen hatten. Und mit denen, die wir hatten, sind wir konsequent umgegangen. Denken Sie doch nur an die Leute, die in Dresden und Leipzig wirtschafteten. Namen will ich gar nicht nennen. Das war alles dritte Garnitur.

Aber wo war denn die eigene Garnitur?

Zwei Dinge: Die guten Spieler sind in den Westen gegangen, weil sie dort richtig Geld verdienen konnten. Andere Leute, die etwas hätten bewirken können, hatten einfach nicht die Courage oder mussten untertauchen, weil sie wahrscheinlich eine miserabele Vergangenheit hatten. Dabei ist Kompetenz auf der Strecke geblieben.

Und dann wurden die Kinder- und Jugendsportschulen abgewickelt ...

Damals herrschte eine falsche Hast. In Sydney ist ja deutlich geworden, dass das DDR-Erbe langsam verbraucht ist. Die Ausbildung war im Osten gut. Aber dieser Kollektivismus im DDR-Fußball, der war schädlich.

Was hat sich denn so gar nicht vertragen beim Zusammenwachsen?

Die Überheblichkeit der Leute, die uns das Fußballspielen beibringen wollten. Viele Bundesligisten wollten doch aus namhaften Ostvereinen bessere Niederlassungen machen. Werder Bremen hat uns eine Lila Kuh ins Ostseestadion geschickt und Schokolade von Lastwagen ins Volk geworfen.

Was hat denn der Ostfußballer vom Westen lernen können?

Die Professionalität, also der Umgang mit den Medien, mit dem vielen Geld. Und die internationale Cleverness. Vor allem aber den Umgang mit Leuten, die es nicht gut meinten mit einem.

Und umgekehrt?

Da fällt mir nicht so viel ein.

Und was ist mit Matthias Sammer?

Sammer ist einmalig. Aber was passiert, wenn er es nicht schafft als Trainer in Dortmund? Dann frisst das System auch ihn auf.

Wissen Sie noch[was Franz Beckenbauer nach dem WM]

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