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Sport: Gerechtes Gewicht

Pyrros Dimas muss jetzt Griechenlands Held sein

Fast wäre die Sache am Einspruch von Mama und Papa Dimas gescheitert.

Ihr kleiner Pyrros, zarte sieben Jahre alt, war gerade von einem Mann auf irgendeiner staubigen Gasse in seiner albanischen Heimatstadt Himare angesprochen worden. Ob er denn nicht Gewichtheber werden wolle, hatte ihn der Kerl, ein Trainer in diesem Genre, gefragt. „Sehr gerne“, antwortete der Junge. „Aber ich fürchte, dass mir meine Eltern das nicht erlauben werden. Sie behaupten, dass mich dieser Sport klein hält.“ Pyrros Dimas konnte seine Eltern überzeugen, wuchs trotz des täglichen stundenlangen Gewichtestemmens weiter bis auf 1,73 Meter – und wurde schließlich dreifacher Olympiasieger in seiner Disziplin. Nicht als Albaner, sondern unter der Flagge Griechenlands, der Heimat seiner Vorfahren, in die er 1990 emigriert war. Ein Nationalheld war Pyrros Dimas dank seiner Goldmedaillen in Barcelona, Atlanta und Sydney längst gewesen. Doch seit sich die Olympia-Gastgeber von Konstantinos Kenteris, ihrem Supermann Nummer eins, verabschiedet haben, werden sie nun all ihr Pathos dem dreifachen Familienvater aufladen.

Am Samstag soll in der olympischen Gewichtheberhalle in Nikaia das große Fest der Griechen steigen. Doch Pyrros Dimas ist bange. Davor, dass er seine Landsleute gerade beim Heimspiel enttäuschen wird. Starke Schmerzen im rechten Handgelenk plagen ihn, heißt es. Doch weil jeder griechische Sportheld in diesen Tagen offensichtlich von Mysterien umwabert sein muss, geht es auch bei Dimas nicht ohne Spekulationen. Die angebliche Verletzung des 32-jährigen Gewichthebers, murmeln die griechischen Journalisten, könnte auch eine Vorsichtsmaßnahme des in die Jahre gekommenen Sportlers sein – für den Fall einer Niederlage.

Als Dimas 1992 in Barcelona triumphierte, rotteten sich 60 000 Athener im alten Panathinäischen Stadion und 30 000 vor der Arena zum Feiern zusammen. Und Pyrros Dimas weiß, wie man auf solche Zustände reagiert: Dimas hat mit seinem Sport weitergemacht, weil die griechische Metropole die Spiele bekam. „Wäre nicht Athen Gastgeber geworden, hätte ich nach Sydney aufgehört“, sagt er. Jetzt ist er am Start, würde auch „mit einem Arm oder einem Bein“ für Griechenland das Kreuz durchdrücken und sagt Sätze wie: „Für mich ist Gewichtheben der Sport der Gerechtigkeit.“ Als er das sagte, wusste Dimas allerdings noch nichts von den neuesten Dopingfällen in seinem einschlägig bekannten Fach: Gestern schloss der internationale Gewichtheberverband fünf Athleten auf Grund eines positiven Dopingtests vorläufig aus.

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