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Gerhard Mayer-Vorfelder

© ddp

Gerhard Mayer-Vorfelder: MV light

"Ich mische mich weiter ein": Gerhard Mayer-Vorfelder, früherer DFB-Präsident und die Reizfigur des Fußballs schlechthin, wird heute 75.

Die Weltgemeinschaft begeht heute einen besonderen Tag. Es ist der Tag des Artenschutzes. Dieser Tag wird seit dem Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen von 1973 unter anderem mit dem Ziel begangen, die Artenvielfalt als Ganzes zu erhalten. So gesehen erhält heute eine kleine Feststunde im Stuttgarter Schlossgarten eine besondere Note. Gerhard Mayer-Vorfelder wird 75.

Dass sich der Jubilar, ein bekennender Freund geselliger Tafelrunden, wieder bester Gesundheit erfreut, ist dabei fast so überraschend wie die Meisterschaft des VfB Stuttgart im vergangenen Jahr. Hinter Mayer-Vorfelder liegt nicht nur eine wechselvolle Karriere samt kräftezehrendem Lebenswandel zwischen Riesling und Roth Händle, sondern auch eine Herzoperation im Frühjahr 2006. Plötzlich lag Mayer-Vorfelder, der die Pfeile mit blanker Brust erwartete (Selbsteinschätzung), auf der Grenzlinie zwischen Leben und Tod. Es dauerte nicht lange, bis der gebürtige Mannheimer wieder zu alter Form auflief, wenngleich etwas versöhnlicher und nur noch mit Marlboro Lights im Jacket.

Es ist viel geschrieben worden über den Mann, den 90 Prozent der Deutschen ablehnten. Ihn, den eitlen Multifunktionär, den Unsympath mit Goldkettchen. Zunächst machte er in der Politik Karriere, erst als persönlicher Referent des Ministerpräsidenten Hans Filbinger, dann als Kultus- und als Finanzminister in Baden-Württemberg. Der CDU-Mann galt als Erzkonservativer, ein Provokateur auf der rechten Außenbahn, der Hausbesetzer mit SA-Horden verglich und Schüler alle drei Strophen der Nationalhymne singen lassen wollte.

MV liebte es rüde, bisweilen national. Es gibt viele Zitate von ihm, die rassistisch gedeutet werden können. Zahlreiche Skandale (Lotto-Affäre 1994, Graf-Affäre 1996, Hoyzer 2005) säumten seinen Weg, aus der Bahn warf ihn keiner. Denn wie kein Zweiter konnte er Menschen für sich gewinnen, Menschen, die er brauchte, um seine Macht zu erhalten.

Nicht selten war er es, der bei Festen das Licht löschte oder der zu einem Empfang auch schon mal eine schöne Flasche unter dem Arm klemmen hatte. MV schlänkerte zielsicher durch die Festsäle der Republik, er wankte, fiel aber nie. Er gab sich stets jovial und gesellig.

Als Vereinspräsident des VfB Stuttgart entließ er in 25 Jahren ein Dutzend Trainer. Er mischte mit in Fifa und Uefa. Am Ziel war er 2001. Er wurde DFB-Präsident. Im September 2006 musste er die Bühne seinem Nachfolger Theo Zwanziger überlassen – ein Bedeutungsverlust, an dem er lange zu knabbern hatte.

Als Reizfigur hat er die Bühne des Fußballs verlassen müssen, und als diese hat er sie durch die Hintertür wieder betreten. Uefa-Boss Platini machte ihn im Februar 2007 zu seinem Stellvertreter. Das ist MVs kleine Rache. „Ich mische mich weiter ein“, ließ der Jubilar ausrichten. Einigen klingt es wie eine Drohung.

Verfolgt hat Mayer-Vorfelder das Nicht-Geliebtwerden bis ins hohe Alter. Früher war es ihm gleich, heute nagt es etwas an ihm. Sein Führungsstil, schrieb einmal der „Spiegel“, sei „charakteristisch für eine untergehende Epoche“.

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