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German Open: Berlin sucht seinen Platz

Die German Open bleiben in der Stadt, doch durch den neuen Terminkalender droht dem Tennisturnier ein Bedeutungsverlust.

Die Szene wirkte bizarr. Als die Finalistinnen der German Open am Sonntag zur Siegerehrung antraten, waren sie bekleidet, wie es bei sommerlichen Temperaturen im Frauentennis nun mal üblich ist: mit kurzen Röcken und Träger-Tops – viel Haut, wenig Stoff. Dinara Safina hatte soeben ihre russische Landsfrau Elena Dementjewa mit 3:6, 6:2, 6:2 besiegt und sich ihren sechsten Turniersieg gesichert. „Das ist der größte Erfolg meiner Karriere“, sagte sie, schüttelte dem neuen Präsidenten des Katarischen Tennisverbands (QTF) Abdul A-Rahman Saad Alshathri die Hand und bekam schließlich die Berliner Trophäe, den „Goldenen Falken“, von fünf gänzlich verschleierten Frauen überreicht. Viel Stoff, wenig Haut.

Szenen, an den sich die Zuschauer des größten deutschen Frauenturniers gewöhnt haben sollten. Seit der QTF das traditionsreiche Frauenturnier vor vier Jahren vom beinahe bankrotten Deutschen Tennisbund (DTB) gekauft hat, herrschen die Katari in Berlin. Auf dem Gelände des LTTC Rot-Weiß in Berlin-Grunewald ist einer der bekanntesten Märkte von Katars Hauptstadt Doha nachgebildet, verschleierte Frauen und Scheichs waren in den vergangenen Tagen keine Seltenheit. 6,7 Millionen Dollar war den Katari das Turnier wert, das dem DTB zuvor jedes Jahr ein Minusgeschäft war. Der deutsche Verband ist seither saniert.

Eigentlich eine runde Sache für alle, sollte man zumindest meinen. Aber in turnusmäßiger Gewohnheit tauchten auch in der vergangenen Woche wieder Gerüchte über eine mögliche Abwanderung des Turniers aus Deutschland auf und DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard ließ sich einmal mehr zu wehmütigen Aussagen hinreißen. Es sei nicht schön, dass das Turnier nun nicht mehr in deutscher Hand sei und „wer die Lizenz besitzt, der bestimmt auch den Austragungsort“, sagte Eberhard der „FAZ“.

Die Reaktionen der Katari waren wie in jedem Jahr deutlich, denn eigentlich dachten sie, dieses Thema sei abgehakt. „Neun Tage Katar mitten in Berlin, das soll auch so bleiben“, sagte Turnierdirektor Ayman Azmy. Und der neue Präsident ließ keinen Raum für Interpretation: „Unter keinen Umständen wird sich etwas ändern. Wir bleiben in Berlin.“ Die Katari bestätigen diese Worte, indem sie nicht nur in Berlin vier deutschen Spielerinnen eine Wildcard gaben, sondern Sabine Lisicki, Julia Görges und Angelique Kerber auch zu ihrem Turnier nach Doha einluden. „Wir wollen den DTB unterstützen und deutsche Spielerinnen fördern“, sagte Azmy. Auch er weiß, dass der Erfolg der German Open langfristig vom Erfolg der deutschen Spielerinnen abhängen wird. Der Auftritt von Sabine Lisicki zeigte einmal mehr, wie die Zuschauer sich nach einem neuen Talent sehnen. Allein ihr Erreichen der zweiten Runde trieb – neben dem exzellenten Wetter – die Zuschauerzahlen zu Beginn der Woche in die Höhe. Obwohl sich die Favoritinnen früher als erwartet verabschiedeten und das Finale nicht einmal ausverkauft war, kamen knapp 50000 Menschen an die Hundekehle, das beste Ergebnis seit 2001.

Doch tauchte in diesem Jahr eine weitere Sorge auf. Die Sorge nämlich, das Turnier könnte zwar weiterhin in Berlin stattfinden, aber ohne die Teilnahme der Weltspitze. In diesem Jahr kamen sieben der zehn besten Spielerinnen der Welt nach Berlin. Das könnte sich in Zukunft ändern. Der vorläufige Turnierkalender der Spielerinnenorganisation (WTA) sieht vor, das Berliner Turnier um zwei Wochen nach hinten zu verlegen, unmittelbar in die Woche vor den French Open, wo viele der Spielerinnen gerne pausieren. „Das muss kein Nachteil sein“, sagt WTA-Sprecherin Dorothee Kurz, „Berlin bleibt eins der 20 wichtigsten Turniere der Saison und wird weiterhin die großen Namen anlocken.“ Sinn der Umstrukturierung ist, die Saison – ähnlich wie bei den Männern – auf einige große Events zu fokussieren und damit die Weltspitze konzentriert anzulocken. Es wird weniger Turniere geben, die dafür voraussichtlich besser besetzt sein werden. Neben den vier Grand Slams wird es vier weitere so genannte „Crown Jewel“-Turniere geben, bei denen sowohl Männer als auch Frauen antreten und das gleiche Preisgeld erhalten.

„Die Spielerinnen werden ihren Kalender völlig neu gestalten müssen, niemand kann jetzt sagen, was dabei herauskommt“, sagt Kurz. Turnierdirektor Azmy sieht keinen Grund zur Sorge: „Die Männerturniere in Queens und Halle finden auch in der Woche vor Wimbledon statt und sind dennoch sehr beliebt.“ Bei den Top-Spielerinnen sind die German Open derzeit sehr populär. Bleibt abzuwarten, ob das mit den Änderungen auch so bleibt. Eines scheint jedoch sicher: Die German Open werden wieder in Berlin stattfinden. Ganz normal, mit Scheichs und verschleierten Frauen.

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