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Starke Schulter. Silvia Neid kann auf die Unterstützung von DFB-Präsident Theo Zwanziger bauen.

© dapd

Geschickt zerknirscht: Wie über Silvia Neid diskutiert wird

Die Bundestrainerin denkt laut über einen Rücktritt nach. Damit zeigt Silvia Neid, wie groß ihre Enttäuschung ist - und sie sichert sich die Unterstützung ihrer Chefs.

Genau vier Tage hat das Nachdenken gedauert, jetzt hat sich Silvia Neid entschieden. Knapp zwei Stunden vor dem Anpfiff des zweiten WM-Halbfinals in Frankfurt am Main, in dem die deutsche Mannschaft eigentlich hätte stehen wollen, erklärte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) via Pressemitteilung: Silvia Neid bleibt Trainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft. Sie habe sich zu einem Gespräch mit DFB-Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach in Frankfurt getroffen und sich daraufhin entschieden, ihren bis 2016 laufenden Vertrag trotz der unerwarteten Niederlage im Viertelfinale gegen Japan zu erfüllen. „Nach dem auch für mich enttäuschenden Ausscheiden bei der WM brauchte ich ein paar Tage zum Nachdenken“, sagte Neid. „Der große Zuspruch meiner Mannschaft und das Vertrauen, das mir DFB-Präsident Dr. Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach noch einmal persönlich ausgesprochen haben, waren für mich der entscheidende Antrieb weiter zu machen.“

In mehreren Interviews hatte Silvia Neid zuvor von möglichen Motivationsproblemen gesprochen. Die Entscheidung fiel nun jedoch wesentlich schneller als erwartet. Offenbar wollte auch der DFB der Debatte um die Bundestrainerin schnell ein Ende bereiten. Am Abend sprach die 47-Jährige dann vor dem Halbfinale Japan gegen Schweden, in dem die deutsche Mannschaft hätte stehen können, im ZDF davon sie sei nach einem „Supergespräch voller Tatendrang“, das Team auf die EM 2013 vorzubereiten.

Keine Frage, dass Neid das enttäuschende Abschneiden ihrer Mannschaft bei dieser Heim-WM schwer getroffen hat. Ihre wohldosierten Aussagen lasen sich allerdings auch wie ein Winkelzug, um sich der Unterstützung ihrer Chefs zu versichern. Sollte das Neids Plan gewesen sein, so hat er perfekt funktioniert. Theo Zwanziger betonte am Mittwoch erneut, die Bundestrainerin müsse unbedingt im Amt bleiben. „Silvia Neid ist DFB, da gibt es gar nichts anderes“, sagte der DFB-Präsident. „Das ist meine Trainerin, ich werde sie nicht einfach so gehen lassen, wenn sie auf einen solchen Gedanken kommen sollte.“ Bei solchen Treueschwüren lässt es sich natürlich leichter über Fehler philosophieren. Denn Neid hatte wenig zu befürchten; der DFB will die Schlüsselpositionen im Frauenfußball stets mit Frauen besetzen, eine potenzielle Nachfolgerin war weit und breit nicht in Sicht. Innerhalb des DFB gab es auch niemanden, der sie infrage stellte.

Und die Kritik an Neid ist auch nicht unvoreingenommen zu betrachten. Frankfurts Manager Siegfried Dietrich erklärte beispielsweise, Birgit Prinz „hätte eine wichtige Rolle spielen können“. Was soll er auch sonst sagen – als persönlicher Berater von Birgit Prinz? Und Bernd Schröders Kritik an Neid kann man immer auch als Lob für seine eigene Arbeit als Trainer von Turbine Potsdam verstehen, Neid sprach sogar davon, „er habe einen Ehrenkodex verletzt“. Die wichtigen Entscheider, allen voran Zwanziger, halten zu Neid. Nach ihrer öffentlichen Zerknirschung jetzt offenbar mehr denn je. „Es ist eine gute Entscheidung für den Frauenfußball, dass Silvia Neid ihre Arbeit als Bundestrainerin fortsetzt“, sagte Generalsekretär Wolfgang Niersbach am Mittwoch nach dem Gespräch mit Neid und Zwanziger. „Und wir sind sicher, dass sie mit hoher Motivation das nächste große Ziel EM 2013 in Schweden angehen wird.“ Denn das ist nach der durch das frühe Ausscheiden zusätzlich verpassten Olympiaqualifikation das nächste große Turnier. „Ich freue mich auf die nächsten Herausforderungen“, sagte Neid. Sie hat nun genug Zeit, sich darauf vorzubereiten. amy/lsp

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