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Gewalt in Fußballstadien: Der emanzipierte Fan

In den vergangenen Wochen haben Fußball-Fans in vielen deutschen Stadien gegen ihrer Ansicht nach überzogene Sicherheitsmaßnahmen protestiert. Warum lehnen die Fans das geplante DFL-Konzept ab?

Das Verhältnis zwischen Fans, Vereinen und Fußballverbänden ist momentan von großem Misstrauen geprägt. Dafür gibt es viele Gründe, grundsätzlich fordern zahlreiche Fußballanhänger aber mehr Mitspracherecht in allen Fragen, die sie betreffen. Dazu gehört die Gewaltdiskussion genauso wie das Reizthema Pyrotechnik, die Debatte um die Umbenennung von Stadien oder die Änderung von Anstoßzeiten. Gerade das Thema Pyrotechnik hat schwere Schäden hinterlassen: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte zunächst den Eindruck erweckt, eine eingeschränkte Legalisierung von Pyrotechnik sei zumindest denkbar, brach den Dialog dann aber überhastet ab. Viele Ultra-Fans, für die Bengalische Feuer trotz eines eindeutigen Verbots zur Fankultur gehören, sind darüber immer noch verbittert.

Die aktuelle Debatte um das Sicherheitskonzept der DFL reiht sich in die Kette der Missverständnisse und Eskalationen ein. Der erste Entwurf des Konzepts sah einen Verhaltenskodex für Fans vor, bei einem Verstoß gegen diese Vereinbarung sollten den Anhängern Privilegien wie das Mitführen von Fahnen entzogen werden können. Auch die Anregung, gegebenenfalls Container aufzustellen, um Zuschauer am Einlass besser kontrollieren zu können, erregte größtmöglichen Widerstand. Eine große Sorge der Fans ist außerdem, bei Vergehen Einzelner in kollektive Haftung genommen zu werden. Grundsätzlich fühlen sich Fans häufig als Konsumenten und potenzielle Gewalttäter missverstanden – und gingen in den vergangenen Wochen selbst in die Offensive. Neben einem in kürzester Zeit auf die Beine gestellten Fan-Gipfel auf Initiative der Anhänger des Berliner Zweitligisten 1. FC Union wurde bundesweit immer wieder protestiert. An den vergangenen drei Spieltagen schwiegen große Teile der Zuschauer in den Stadien der Ersten und Zweiten Liga während der ersten zwölf Minuten und zwölf Sekunden, um auf die DFL-Versammlung am 12.12. hinzuweisen, tausende Fans zogen in Demonstrationen durch die Städte.

Die DFL hat mittlerweile erkannt, wie provokativ der erste Entwurf des Konzepts auf Fans gewirkt hat. Eine zweite Version war deutlich versöhnlicher formuliert, die aktuellen 16 Anträge wurden sogar auf der Liga-Homepage veröffentlicht, um Transparenz zu demonstrieren. Das hat aber nichts daran ändern können, dass ein Großteil der Fanszene jede neue Maßnahme als Schikane und drohende Ungerechtigkeit ablehnt.

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