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Eine Liebe endet. Matthias Steiner, hier bei seinem Olympiasieg 2008, betreibt Gewichtheben künftig allenfalls beratend.

© Reuters

Gewichtheber Matthias Steiner: Gesicht mit Gewicht

Matthias Steiner hat seinen Abschied vom Gewichtheben bekanntgegeben. Der Olympiasieger von 2008 bestimmte seine Sportart – was wird nun aus ihr nach Steiners Rücktritt?

Matthias Steiner will nach seinem Rücktritt vor allem eins: abnehmen. Ganz verschwinden wird der einstmals stärkste Mann der Welt aber nicht, auch nicht aus der Öffentlichkeit. Im Sommer soll es die nächste Folge der im Herbst letzten Jahres erstmals ausgestrahlten Fernseh-Spielshow „Steiner gegen alle“ beim SWR geben. Dann wird der womöglich schlankere Gewichtheber wieder gegen eine ganze Stadt antreten. Und seinen Hantelsport zumindest indirekt wieder in Erinnerung rufen.

„Mit der Beendigung der Karriere von Matthias Steiner endet auch unter dem Gesichtspunkt der Werbewirksamkeit eine Ära, die dem Verband sehr gutgetan hat“, sagt der neue Sportdirektor Frank Mantek mit ganz viel Wehmut. Er war bis zuletzt der Trainer des Superschwergewichtlers, der dem durch Doping-Skandale belasteten Sport in Deutschland ein sympathisches Gesicht gab. Spätestens seit seinem unvergesslichen Olympiasieg 2008, als er das Bild seiner verstorbenen Frau Susann in die Kameras hielt, war die Wahrnehmung des Gewichthebens hierzulande fast synonym mit dem Namen Steiner. Er war auch bei Olympia 2012 der Mann für die Schlagzeilen, als ihm eine 196-Kilo-Hantel in den Nacken fiel und er dabei glücklicherweise unverletzt blieb.

Und was passiert nun nach seinem Abschied? Es wird wohl wieder so werden wie in der Zeit, bevor sich der gebürtige Österreicher zu einem Wechsel ins Nachbarland entschlossen hatte. Die anstehende Europameisterschaft vom 8. bis 14. April in Tirana wird nur echte Kenner interessieren. Zumal sich das deutsche Team spätestens nach Steiners Rücktritt in einem Generationswechsel befindet. Auch die anderen Leistungsträger wie Almir Velagic (Olympiaachter von London) oder der ehemalige Europameister Jürgen Spieß (Olympianeunter von London) kommen langsam in die Jahre. Auch Tom Schwarzbach, der im vergangenen Jahr Europameister im Stoßen wurde, wird bei den nächsten Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro mit 30 schon Steiners Rücktrittsalter erreicht haben.

„Auch deshalb gilt unser Augenmerk natürlich in erster Linie dem Neuaufbau einer jungen, neuen, leistungsstarken Nationalmannschaft“, sagt Mantek. Den soll mit Oliver Caruso ein ehemaliger Athlet als neuer Bundestrainer bewerkstelligen. Der Nachfolger von Mantek rechnet nach den Steiner-Jahren mit einer längeren Phase ohne größere deutsche Erfolge. Als ersten wichtigen Wettkampf bezeichnet er die WM 2014. Die nächsten Sommerspiele sieht er nur als Zwischenstation und sagt: „Bis 2020 sollten die jüngeren Sportler so weit entwickelt sein, dass sie um Olympiamedaillen mitkämpfen können.“ Oliver Caruso weiß, was er sagt, schließlich hat er 1996 in Atlanta selbst eine Bronzemedaille bei Olympischen Spielen gewonnen.

Es wird also in den nächsten Jahren mangels spektakulärer Erfolge für das Gewichtheben wohl weit weniger Öffentlichkeit geben. Finanziell kann der deutsche Verband allerdings weiter im gleichen Umfang planen. Weder die verpasste Steiner-Medaille von London noch sein Rückzug hätten an der finanziellen Unterstützung der Sponsoren etwas geändert, sagt Mantek. Und es bleibt ja auch noch die Hoffnung, dass man Matthias Steiner als Werbefigur oder vielleicht sogar als Trainer in die Verbandsarbeit einbinden kann.

„Wie unsere Zusammenarbeit zukünftig weiterlaufen könnte, werden wir noch klären“, sagt der Sportdirektor. Matthias Steiner selbst meint, dass er „dem Sport in jedem Fall verbunden bleiben will“. Er will sich aber erst mal vor allem mehr um seine Frau Inge und die beiden kleinen Söhne kümmern. Und viel mehr Tennis spielen – wenn er abgenommen hat.

Lars Becker

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