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Wie geht’s zurück nach oben? Raul Bobadilla und seine Gladbacher Kollegen bemühen sich seit Wochen vergeblich um eine Trendwende. Foto: dapd

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Sport: Gladbach sucht das Gegengift

Der Fall des Klubs begann mit einem Sieg vor zwei Monaten gegen den heutigen Pokalgegner Leverkusen

Bei der Fahndung nach passenden Fußballern geht Borussia Mönchengladbach seit einiger Zeit geradezu wissenschaftlich vor. Als „unser Drei-Säulen-System“ präsentiert Max Eberl die vereinseigene Leitlinie bei der Suche auf dem Transfermarkt – wobei der Sportdirektor neben Säule eins (sportlicher Wert des Auserwählten) und zwei (dessen Charakter) den dritten Pfeiler wie einen tief im Dschungel versteckten Schatz hütet.

Auf gar keinen Fall will Eberl deshalb den Namen des Schreibers ausplaudern, der den Gladbachern seit zweieinhalb Jahren „Berichte anfertigt, in denen alles authentisch ist, mit denen wir über alles Bescheid wissen“. Im Fall von Logan Bailly etwa, den er im Januar 2009 aus Genk zur Borussia holte, waren dem 37-Jährigen dank des geheimnisumrankten Mitarbeiters weiche Fakten wie Baillys Nebenjob als Unterhosenmodel, sein Titel als Belgiens „Sexiest Footballer 2007“ oder der Glamour-Faktor von Partnerin Jessica geläufig. „Als er zu uns kam wussten wir, dass er ein kleiner Paradiesvogel ist“, sagt Eberl.

Zuletzt erging es Bailly sowohl als Torhüter von Gladbach (neun Spiele, 27 Gegentreffer) wie auch der belgischen Nationalelf (zuletzt 4:4 gegen Österreich) so schlecht, dass sein Klubtrainer den Flattermann vor dem Pokalspiel gegen Leverkusen erst einmal fortschickte. „Wir haben mit ihm gemeinsam entschieden, ihn für eine Woche aus dem Training zu nehmen – damit er den Kopf frei bekommt“, sagte Trainer Michael Frontzeck. Bailly war jüngst beim 1:4 gegen Bremen sogar vom eigenen Publikum verhöhnt worden.

Allerdings dämmert dem Coach auch, dass ihm die Fäden, an denen seine Elf oft arg unkontrolliert herumzappelt, nicht nur wegen des angeschlagenen Torhüters zunehmend entgleiten. Zwar musste Frontzeck seine Startformation wegen Verletzungen, unter denen der Ausfall von Innenverteidiger Dante am meisten schmerzt, und einigen Platzverweisen (Brouwers, Arango, Schachten) immer wieder umstellen. Doch das allein erklärt nicht, warum Gladbach seit dem spektakulären 6:3-Sieg in Leverkusen vor zwei Monaten in der Tabelle bis auf Rang 17 durchgereicht worden ist.

Den Kantersieg beim heutigen Pokalgegner machte Sportchef Eberl rasch als Gift für die Mannschaft aus. Der Boulevard hatte die Geburt einer neuen Fohlen-Generation ausgerufen. Das Gegengift hat Frontzeck aber bis jetzt nicht gefunden. Stattdessen haben sich die Konter-Fetischisten mächtig vergaloppiert. Der Trainer weiß, was für den Cup-Abend auf dem Spiel steht: Bekommt er das höllische Borussen-Gemisch aus hemmungslosem, bisweilen naivem Offensivdrang und apathischer Abwehrarbeit nicht in den Griff, droht gegen das Team von Jupp Heynckes eine weitere Abreibung. „Leverkusen ist eine ähnlich spielstarke Mannschaft wie Bremen“, warnt Frontzeck, der das Gebot der Stunde zumindest theoretisch erkannt hat: „Wir müssen lernen, kompakt zu stehen, gegen den Ball zu arbeiten.“ Oder anders ausgedrückt: „Ein Stück weit defensiv zu denken.“

Um die erhitzten Gemüter auf den Rängen etwas abzukühlen, war der gebürtige Mönchengladbacher eine Stunde nach der Niederlage gegen Bremen sehr offensiv zu rund 200 Gladbach-Fans in den Block gestiegen und hatte mit den bedrohlich schwarz gekleideten Ultras diskutiert. Überraschend angenehm sei das Gespräch verlaufen, berichtete Frontzeck danach. Das Volk war also fürs Erste besänftigt, am nächsten Tag schickte der Trainer dann noch den in Ungnade gefallenen Bailly in den Erholungsurlaub. Doch Max Eberl erwartet dringend Taten auf dem Rasen. „Wir müssen", so fordert der Sportdirektor, „die Situation schnellstmöglich in den Griff kriegen.“

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