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Sport: Glanzlos defensiv

Berlin. Es ist ruhig geworden um Marko Rehmer.

Berlin. Es ist ruhig geworden um Marko Rehmer. Noch im März beherrschte er die Schlagzeilen. Geht er oder geht er nicht, das war die große Frage. Juventus Turin und FC Arsenal lockten, für die festgeschriebene Ablösesumme von 16 Millionen Mark hätten sie ihn laut Vertrag bis zum 15. März haben können. Letztlich wollte ihn keiner.

"Heute", sagt Rehmer, "bin ich viel mehr wert als die 16 Millionen." Er sagt es scherzhaft. Ernst hätte es auch niemand nehmen können. Denn Marko Rehmers Wert ist eher gesunken. Natürlich auch, weil Herthas Aktien sinken. Aber auch, weil der 29-Jährige in seiner Entwicklung stehen geblieben zu sein scheint. Nicht, wenn es gilt, für Deutschland zu kicken. Dann ist Rehmer einer der wenigen, die fast konstant Ordentliches bieten. Aber im Verein, da bleibt er vieles schuldig. Da ist er eher ein Mitläufer. Bitter bei seinem Potenzial.

Sein Potenzial ist vor allem seine Schnelligkeit. "Und er ist auch torgefährlich", weiß sein Trainer Jürgen Röber. Darum sieht er ihn meist in der Innenverteidigung am besten aufgehoben, wo er bei Gegenstößen wirksamer als auf der Außenposition ist. Dort freilich, als Außenverteidiger oder im rechten Mittelfeld, könnte er - so wie oft in der Nationalmannschaft - seine Schnelligkeit an der Seitenlinie bei schneidigen Sturmläufen ausspielen. Röber: "Dann müsste er aber auch gut flanken können. Das ist aber leider nicht seine Stärke." Was Marko Rehmer so nicht stehen lassen will. "Das kann ich auch", sagt er fast trotzig.

Dennoch gibt er zu, "so manches Mal nicht mit mir zufrieden zu sein". Doch das läge eben auch an den taktischen Zwängen, denen er sich unterwerfen müsse. Soll heißen: Er würde sich gern öfter in die Offensive einschalten. Doch derzeit ist bei Hertha Offensive weniger angesagt. Torsicherung hat Vorrang. Und dabei kann man weniger glänzen.

Allerdings - morgen könnte sich Rehmer auch als reiner Verteidiger Verdienste erwerben. Dann nämlich, wenn er im Bundesligaspiel gegen Werder Bremen (15.30 Uhr, Olympiastadion) einen gewissen Goncalves, besser bekannt unter dem Namen Ailton, in dessen Wirkungskreis einengen könnte. Der Brasilianer hat immerhin schon vier Saisontore erzielt, ist enorm schnell, trickreich und wendig. Rehmer weiß, was er zu tun hätte: "Ich muss schon verhindern, dass er bei den langen Pässen an den Ball kommt." Zugute kommen könnte Rehmer, der sich möglicherweise gemeinsam mit Andreas Schmidt um Ailton kümmern wird, dass Ailton derzeit nicht gut drauf ist. Psychisch. Wie jeder Brasilianer fasst er es als Majestätsbeleidigung auf, wenn er ausgewechselt wird. Das geschah zuletzt des Öfteren. Flugs streute der kleine, stämmige Mann, er werde wohl bald in seine Heimat zurückkehren.

Marko Rehmer, in Berlin geboren, will dagegen bodenständig bleiben. Dass sein Vertrag beim Berliner Bundesligisten noch bis zum Jahr 2003 läuft, reicht ihm nicht. Zurzeit steht er mit seinem Arbeitgeber in Verhandlungen, den Kontrakt gleich bis 2006 zu verlängern. Dann wäre er immerhin schon 34. Ob Hertha BSC da mitmacht? Seine Abwanderungspläne hat Rehmer jedenfalls offenbar aufgegeben. Vielleicht auch im Wissen, dass er an der Fußballerbörse derzeit nicht sonderlich hoch gehandelt wird. Von 16 Millionen ist schon längst nicht mehr die Rede.

Klaus Rocca

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