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Glosse: Olympisches Idyll

Lars Spannagel träumt sich von der Sportredaktion in Berlin aus ins olympische Dorf.

Olympia bedeutet Stress. Für Sportler sind die Spiele der Höhepunkt ihrer Karriere – und die einmalige Chance, Medaillen und Sponsoren an Land zu ziehen. Hinzu kommen unvorhergesehene Probleme: Die deutschen Volleyballer Robert Kromm und Markus Böhme (Körpergröße 2,12 respektive 2,11 Meter) suchen bis zur Eröffnungsfeier noch fieberhaft nach Sakkos, bei der Einkleidung in Deutschland ließen sich partout keine passenden finden. Badmintonspielerin Huaiwen Xu will nur an der Feier teilnehmen, wenn sie vor dem Einmarsch einen Stuhl findet: Das lange Stehen sei ihrer Wettkampfvorbereitung abträglich. Sorgen, wo man nur hinblickt.

Da ist es doch gut zu wissen, dass die Athleten ein trautes Heim zur Verfügung gestellt bekommen haben. Die Wände des olympischen Dorfs schmücken gerahmte Kinderzeichnungen, der Friseur kostet nichts, die Dorf-Disco hat bis Mitternacht offen – traumhaft. Nichts vermittelt dieses Idyll besser als die sonst des Lyrischen unverdächtige Deutsche Presse-Agentur (dpa). Wenn man die 120-Zeilen-Meldung der dpa auf ihre Essenz reduziert, ergibt sich ein Bild von zarter Poesie:

Kein welkes Blättchen
trübt
die Grünanlagen.
Im Gemeinschaftsraum
steht
ein Bügelbrett.
Nur Zikaden zersägen
die Stille
der schönen heilen Welt.

Danke Bocog, danke IOC, danke dpa.

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