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Von fünf auf Gold. Erik Lesser bleibt im Verfolgungsrennen ohne Schießfehler und genießt das neue Weltmeistergefühl.

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Update

Gold bei Biathlon-WM: Erik Lesser: Ein Mann für gewisse Runden

Erik Lesser hat bei der Biathlon-Weltmeisterschaft in Kontiolahti überraschend Gold in der Verfolgung gewonnen und der deutschen Mannschaft die erste Medaille beschert - Laura Dahlmeier gewann Silber.

Um einen flotten Spruch ist Erik Lesser eigentlich nie verlegen – bei der Frage nach dem Sicherheitsschloss, das alle Medaillengewinner in Kontiolahti überreicht bekommen, musste der frischgebackene Weltmeister aber passen. „Zu dem Thema“, entschuldigte er sich, „kann ich nichts Lustiges beitragen.“ Nicht nach seinem Vorredner Tarjei Bö, hinter Lesser und dem Russen Anton Shipulin Dritter in der Verfolgung, dem für sein Präsent sofort eine gute Verwendung eingefallen war. „Damit werde ich Erik und Anton vor der Staffel wegsperren“, ulkte der Norweger – und schlug seinem deutschen Widersacher vor: „Schau dir ‚Fifty Shades of Grey‘ an, dann weißt du, was du mit dem Ding anstellen kannst.“

Lesser gönnte Bö den verbalen Punktsieg – und genoss seinen viel wichtigeren Erfolg an diesem Tag: Bester nach 12,5 Kilometer Verfolgung inklusive vier Schießeinlagen war er gewesen. Kurz darauf veredelte Laura Dahlmeier den Tag der deutschen Biathleten mit Silber in der Verfolgung. Die 21-Jährige leistete sich am Sonntag über die 10 Kilometer zwei Strafrunden und musste sich nur der Französin Marie Dorin Habert geschlagen geben.

Erik Lesser blieb als Einziger im 60er-Feld bei allen zwanzig Schüssen ohne Fehlversuch

Lesser war im Gegensatz zu Dahlmeier fehlerfrei geblieben. Er hatte, als Fünfter im Sprint mit 30 Sekunden Rückstand auf die Spitze gestartet, als Einziger im 60er-Feld alle zwanzig Scheiben abgeräumt. Das war das entscheidende Plus für den 26-Jährigen, der offenkundig ein Spezialist für Großereignisse ist. War Lesser doch schon im letzten Jahr in Sotschi mit zwei Silbermedaillen Deutschlands erfolgreichster Biathlet. „Silber bei Olympia, Gold bei einer WM – für mich ist das gleich geil“, erklärte der gebürtige Suhler, der sich hinter dem Zielstrich so rasch erholt hatte, dass er den anderen Medaillengewinnern nach deren Ankunft bereits entspannt gratulieren und dem völlig ausgepumpt im Schnee liegenden Tarjei Bö einen Klaps auf den Hintern geben konnte.

Um einiges inniger fiel kurz darauf das Zusammentreffen mit Mark Kirchner aus. Der Chefcoach der deutschen Biathleten, der Lesser zugleich in Oberhof trainiert, wollte ihn gar nicht mehr loslassen. So ausgiebig presste er ihn im Zielraum an sich, dass man ein Unglück befürchten musste, schließlich hatte Lesser in dem Moment noch immer sein Gewehr geschultert. Aber natürlich war die Waffe nicht mehr geladen – im Gegensatz zu Kirchner, der die mediale Schelte für die Besetzung der Mixed-Staffel nicht vergessen hatte.

Biathlon-Chefcoach Mark Kirchner: "Wir sind ein sehr ausgeglichenes Team"

„Ich fühle mich ein bisschen wie vor einem Jahr in Sotschi. Da herrschte nach den ersten Rennen auch schon Totengräberstimmung“, sagte der 44-Jährige. „Aber wir sind nun mal ein sehr ausgeglichenes Team: Wenn es der eine nicht schafft, springt ein anderer in die Bresche.“ In diesem Fall war es der in sich ruhende Lesser – wieder einmal.

Vor dem ersten Startschuss gab der sich noch betont skeptisch und meinte, der anspruchsvolle Kurs in Kontiolahti käme ihm so gar nicht gelegen. Drei Tage später durchleuchtete Erik Lesser dann als Weltmeister den eigenen Charakter. „Vielleicht ist es ja das Quäntchen Realitätssinn, das in mir steckt. Und dass ich über mich hinauswachsen will“, sinnierte er. Mit einem speziellen Faible für große Events jedenfalls habe das „weniger zu tun“.

Da war Mark Kirchner allerdings ganz anderer Meinung. „Dass es jetzt zwei Mal hintereinander geklappt hat, zeigt, dass da eine Entwicklung bei ihm stattgefunden hat – das zeichnet einen Spitzenathleten aus“, betonte der dreimalige Olympiasieger. Dann kündigte Kirchner vor den zwei freien Tagen „das eine oder andere Gläschen zum Anstoßen“ an. Mehr aber auch nicht. „Wir halten den Ball jetzt flach“, erklärte der Bundestrainer. „Wir haben hier noch einiges vor.“

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