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Sport: Gold und Silber in dichtem Schnee

Die deutschen Biathletinnen Kati Wilhelm und Martina Glagow dominieren bei widrigem Wetter

Eigentlich fehlte nur noch ein Gläschen Sekt. Ein schwarz-rot-goldenes Fähnchen und die besten Wünsche hatten die Betreuer Kati Wilhelm für ihre letzten Stockschübe im olympischen Verfolgungsrennen schon mit auf den Weg gegeben. „Die sind alle neben mir her gelaufen und haben gerufen: ,Genieß es‘.“ Das hat die 29-jährige Thüringerin dann auch gemacht. Schließlich war sie in diesem Moment Olympiasiegerin – nach ihren beiden Erfolgen in Salt Lake City bereits zum dritten Mal. Sie kam 1:13,6 Minuten vor ihrer Teamkollegin Martina Glagow ins Ziel, die Silber gewann, und feierte den überlegensten Sieg einer Biathletin in der Olympia-Geschichte. Bronze ging an die Russin Albina Achatowa.

Weil Wilhelm vor den Turiner Spielen bereits olympisches Gold gewonnen hatte und zudem auf eine bislang überragende Weltcupsaison zurückblicken konnte, war ihr vor der Reise nach Italien auch etwas mulmig gewesen. Die hohen Erwartungen, die Favoritenrolle in nahezu jedem Rennen – all das behagte ihr nicht besonders. Das Ergebnis waren Platz 16 über 15 Kilometer und ein mit dem allerletzten Schuss vergebenes Gold im Sprint, ihrer Lieblingsdisziplin. Am Ende wurde sie nur Siebte – und aus dieser Position nahm sie gestern dann auch die Verfolgung der Französin Florence Bavarel-Robert auf. Die 18 Sekunden Rückstand auf die Sensationssiegerin im Sprint hatte die frühere Langläuferin Wilhelm schon vor dem ersten Schießen wettgemacht. Nach dem fixen Start drosselte sie dann im Gegensatz zum 15-km-Rennen aber erst einmal ihr Tempo, „um nicht wieder zu überdrehen“. Tatsächlich gelang ihr die Rückkehr zu der Coolness, die sie in Salt Lake City ausgezeichnet und die sie nach den ersten Fehlversuchen auf der Biathlon-Schleife von San Sicario herbeigebetet hatte. Bei dichtem Schneetreiben behielt Wilhelm auch am Schießstand die Nerven, traf nur einmal nicht und sagte später: „Ich mag es eigentlich, wenn man die Scheiben gar nicht so gut sieht.“

Nur nicht gierig werden, hatte sie sich gesagt, ihr Ziel lautete: „Ich wollte unbedingt eine Medaille bei diesen Spielen, aber ich hätte auch Bronze genommen.“ Im Verfolgungsrennen ging dieses Edelmetallstück an Albina Achatowa. Die Freude der Russin dürfte sich jedoch in Grenzen gehalten haben, schließlich musste sie nach der letzten Schießeinlage noch Martina Glagow an sich vorbeihuschen lassen. Diese hatte sich dazu freilich extrem verausgabt. Auf dem Hügel vor dem Ziel war es deshalb vorbei mit dem Huschen: Mit letzter Kraft schleppte sich die Mittenwalderin Richtung Ziellinie, auf der sie dann vor Erschöpfung beinahe stehen geblieben wäre. Den letzten Schubser hin zu Silber schaffte sie aber auch noch – und wurde sodann von Kati Wilhelm in Empfang genommen. Für Glagow war es bereits die zweite Silbermedaille, nachdem aus ihrem dritten Platz über 15 Kilometer wegen des Dopingfalls Olga Pylewa Rang zwei geworden war. „Dass ich im Ziel auch noch auf Martina warten konnte, hat die Sache noch mal schöner gemacht“, sagte Kati Wilhelm.

Und während Uschi Disl mit vier und Katrin Apel mit drei Fehlschüssen auf den Rängen zehn und elf einliefen, erzählte Kati Wilhelm von der Leichtigkeit des Seins auf der Strecke. „Im Laufen bin ich wahrscheinlich die Beste“, sagte die Frau, die erst 1999 mit dem Biathlon begonnen hat, nach ihrem Sieg ganz unbescheiden. „Geile Ski“ hatten ihr die Techniker darüber hinaus noch mit auf die zehn Kilometer gegeben. Alles passte, damit Kati Wilhelms Traum vom Gold wahr werden konnte. Auch ohne Sekt.

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