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Kaymer

© AFP

Golf: Auf Entdeckungstour

Profigolfer Martin Kaymer hat Erfolg, sammelt aber noch Erfahrungen – wie jetzt bei den British Open.

Eigentlich ist ihm dieser Ort bekannt. Martin Kaymer hat die großen Dünen von Royal Birkdale, die tiefen Pottbunker, das enge 18. Loch, an dessen Ende ein architektonisch undefinierbares weißes Clubhaus steht, bei den British Amateur Championships 2005 erlebt. „Ich war ja schon mal hier“, sagte er vor den am Donnerstag beginnenden 137. British Open, „aber diese Woche ist einfach alles völlig anders.“

2005 war er gerade 20 Jahre alt, mit Betreuern vom Deutschen Golf Verband und ein paar anderen Spitzenamateuren unterwegs. Golf haben sie auch gespielt, aber nicht um Geld oder Weltranglistenpunkte – und schon gar nicht um den Claret Jug, diese silberne Kanne, die der Gewinner der British Open am kommenden Sonntag in Händen halten wird. Kaymer spielt zum ersten Mal in seinem Leben um diese Trophäe – eine Premiere, wie bei so vielen Turnieren in diesem und im vorigen Jahr. Die freudige Aufregung hält sich bei Kaymer, dem Senkrechtstarter unter den Profigolfern, in Grenzen.

Vorletztes Wochenende ist seine krebskranke Mutter gestorben, die Teilnahme an den British Open stand auf der Kippe. „Das ist so ein großes Turnier, das wollte ich nicht verpassen. Und ich weiß, dass auch meine Mutter es nicht gut finden würde, wenn ich nicht dabei wäre“, sagt Kaymer. Also ist er doch angereist, immerhin mit dem Bewusstsein im Hinterkopf, „dass jemand besonderes in dieser Woche auf mich herabsehen wird“.

Martin Kaymer kann sich ohnehin nicht mehr verstecken oder unangenehmen Fragen ausweichen. Mit seinem Play-off-Sieg bei den International Open in München, seinem zweiten Erfolg in diesem Jahr, hat er auch international für Aufsehen gesorgt. Die „Washington Post“ schrieb ein Porträt über „den typisch guten Deutschen“ und die britische Presse hat mangels eigenem britischem Nachwuchs den jungen Mann aus Mettmann quasi adoptiert. Die Tatsache, dass Kaymer eigentlich noch immer auf Entdeckungstour ist, im zweiten Profijahr viele Austragungsorte, Turniere und Gegner gar nicht kennt, ändert nichts daran, dass sich um ihn herum längst eine enorme Erwartungshaltung aufgebaut hat. Seine mögliche Teilnahme am Ryder Cup im September ist längst ein Thema, weshalb es für den Deutschen diese Woche auch um wichtige Qualifikationspunkte geht. Würde Europas Kapitän Nick Faldo jetzt sein Team präsentieren, wäre Kaymer dabei, als letzter auf den zehn Rängen, die einen Startplatz garantieren.

Die British Open werden nicht nur im Hinblick auf den Ryder Cup viel in Bewegung bringen. Männer wie Sergio Garcia, Ernie Els, Phil Mickelson oder Justin Rose haben sich längst als Favoriten in Position gebracht. Zum ersten Mal seit August 2006 bestreiten sie ein Major- Turnier ohne Tiger Woods, der aufgrund seiner Knieoperation mindestens bis Ende des Jahres ausfällt. Der psychische Druck, gegen den vielleicht besten Spieler aller Zeiten bestehen zu müssen, fällt weg. Phil Mickelson hat erkannt: „Das eröffnet einer ganzen Menge von Spielern die Möglichkeit, Turniere zu gewinnen, bei denen sie ansonsten keine Chance gehabt hätten.“ So ein British-Open-Sieg ohne Tiger Woods – was ist der schon wert, fragen andere. Ernie Els sagt: „Der beste Spieler dieser Generation ist nicht da und wer auch immer gewinnt, wird ewig nur die eine Frage beantworten müssen: ,Glaubst du, du hättest auch mit Woods gewonnen?’“

Überlegungen, die einer beiseite schiebt, dessen Karriere wie keine andere mit der British Open in Royal Birkdale verquickt ist: Justin Rose war erst 17 Jahre alt, als er vor zehn Jahren am letzten Loch den Ball aus über 40 Metern einlochte, um als Amateur auf dem dritten Platz hinter Mark O’Meara und Tiger Woods zu landen. Es war bis heute sein bestes Abschneiden bei den British Open. Und das, obwohl der 27-Jährige inzwischen zu den Top Ten der Weltrangliste zählt.

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