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Cabrera

© dpa

Golf: Der Verlierer gewinnt

Der Argentinier Cabrera siegt beim US-Masters, doch den wahren Triumph feiert sein Konkurrent Perry.

Einem argentinischen Caddie wird nichts geschenkt. Das ist ein Job, den die Jungs annehmen, wenn sie noch zur Grundschule gehen. Angel Cabrera hat die Taschen der Country-Club-Mitglieder von Cordoba tagein, tagaus getragen, einmal die Woche durfte er selbst auf den Platz. Irgendwann hat er Caddie-Turniere bestritten, seine Pesos zusammengekratzt und ist über die südamerikanische Golf-Tour getingelt.

Einer wie er, der sich langsam seinen Weg unter die Besten der Welt erarbeitet hat, lässt Chancen auf den Sieg nicht aus. In Augusta beim US-Masters hat der 39-Jährige am Sonntag seine Chance genutzt. Er hatte sich im Stechen gegen Chad Campbell und Kenny Perry sein erstes grünes Sieger-Jackett geholt. Dabei war „El Pato“, die Ente, wie ihn seine Freunde und Kollegen nennen, zwar zusammen mit Perry mit einem Ergebnis von elf unter Par nach drei Runden als Führender in den Schlusstag gegangen, arbeitete sich dann aber wenig überzeugend mit Pars und Bogeys über den Platz und fiel zurück auf neun unter Par, während sein Spielpartner Perry elf solide Pars in Folge absolvierte.

Die Anfeuerungsrufe der Zuschauer aber galten ihren Verfolgern Phil Mickelson und Tiger Woods. „Ich bin überhaupt nicht aus dem Rennen, ich muss nur eine 64 oder 65 schießen, und schon bin ich wieder dabei“, hatte Mickelson am Vorabend getönt und damit oft nachsichtiges Lächeln ausgelöst. Tatsächlich zeigte der Weltranglistenzweite aber zu Beginn der Finalrunde wirklich seine besten Tricks. Sechs unter Par lag der 38-Jährige nach neun Löchern und egalisierte mit 30 Schlägen für die Hälfte der Runde den bestehenden Rekord. Sein Intimfeind Woods, mit dem er 18 Löcher lang kein Wort wechselte, kam etwas schwerer in Gang, machte aber ebenfalls Boden gut. Am 17. Abschlag lagen die zwei besten Spieler der Welt zusammen für diese Runde bei zwölf unter Par, während Perry, Cabrera, Chad Campbell und Jim Furyk, in den zwei letzten Gruppen gestartet, alle zusammen gerade einmal auf drei über Par gekommen waren.

Ein Schlag Unterschied bestand noch zum Führenden Perry, da verpatzte Mickelson an Bahn 17 einen Birdieputt und kassierte an Loch 18 nach einem Abschlag in den Bunker ein Bogey. Woods setzte den Abschlag an beiden Löchern unter die Pinien, schlug an Loch 18 noch einmal gegen einen Baum und hatte mit zwei schnellen Bogeys die Arbeit von 16 Löchern zunichte gemacht.

Mit dem Abgang der beiden schien die Konkurrenz wie befreit und Kenny Perry nach einem Birdie an Bahn 16 zum Stand von 14 unter Par wie der sichere Sieger. „Ich habe fast so etwas wie eine Pistole in meinem rechten Arm“, sagte der 48-Jährige, der zum ältesten Majorsieger aller Zeiten hätte werden können, zum folgenden Desaster. „Ich kann die Hand dann nicht mehr kontrollieren, wenn ich nervös bin.“ Ein katastrophaler Chip an Bahn 17 warf ihn zurück auf zwölf unter Par, im folgenden Stechen mit Chad Campbell entglitt ihm der Ball am zweiten Loch völlig und endete links kaum spielbar neben dem Grün. Campell hatte zu diesem Zeitpunkt bereits keine Chance mehr auf den großen Triumph.

„Ich habe es selbst verloren“, sagte Perry – es gab wohl keinen auf der Anlage, der dem stillen Familienvater den Sieg nicht gegönnt hätte. Perry ist einer, den die Amerikaner lieben, weil er sich jahrelang mit irgendwelchen Jobs am Leben hielt, um immer wieder sein Glück als Golfprofi zu versuchen. Die Teilnahme an der Qualifying School sponserte ihm seine Kirche mit 5000 Dollar, seitdem spendet er jeweils fünf Prozent seiner Preisgelder für eine Stiftung. Geschichten wie diese finden Amerikaner großartig, weshalb dieses Masters-Turnier wohl immer als jenes in Erinnerung bleiben wird, das Kenny Perry verlor, nicht jenes, das Angel Cabrera gewann. Wobei auch dessen Geschichte Potential hat.

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