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Bernhard Langer, 57, nahm zwischen 1981 und 2002 zehnmal als Spieler am Ryder Cup teil und holte sechsmal die Trophäe. 2004 führte er das europäische Team als Kapitän zum Sieg gegen die USA.

© dpa

Golf-Legende Bernhard Langer im Interview: "Die Stimmung beim Ryder Cup ist vergleichbar mit der beim Fußball"

Deutschlands Golfstar Bernhard Langer spricht im Interview über die besondere Atmosphäre beim Ryder Cup, seine Enttäuschung angesichts der Nichtberücksichtigung und eine mögliche Berliner Bewerbung für 2022.

Herr Langer, alle zwei Jahre fasziniert der Ryder Cup mit seiner ganz speziellen Atmosphäre sogar Nichtgolfer. Was macht den Wettbewerb so besonders?

Der Ryder Cup ist ganz anders als ein normales Golfturnier. Du spielst für ein Team und nicht wie sonst nur für dich selbst. Es gibt kein Preisgeld, es geht nur um die Ehre und den Pokal, was für den Profisport außergewöhnlich ist. Dazu kommt die Stimmung auf dem Platz, die vergleichbar ist mit einem Fußballspiel. Die Zuschauer sind nicht neutral, sie feuern entweder Europa oder Amerika an. Das alles setzt wahnsinnig viele Emotionen frei, und der Spieler muss lernen, damit umzugehen.

Wie wird ein Einzelsportler mit dem Druck in dem für ihn eher ungewohnten Mannschaftswettbewerb fertig?

Golfspieler sind natürlich daran gewöhnt, unter Druck Leistung zu bringen. Aber beim Ryder Cup ist das ein anderer Druck. Ich habe schon von Spielern gehört, die beim Vierer am ersten Abschlag zu ihrem Mitspieler gesagt haben: ‚Ich kann das jetzt nicht, fang du bitte an!‘ Die Atmosphäre ist so einzigartig, dass manch einer schon mal nervös werden kann. Daran wird deutlich, wie die Spieler beim Ryder Cup auch nervlich gefordert sind.

Sie selbst haben beim Ryder Cup die Erfahrung machen müssen, was es heißt, dem Druck nicht standhalten zu können.

Im Jahr 1991 habe ich in Kiawah den entscheidenden Putt nicht einlochen können und wir haben den Ryder Cup dadurch nicht gewonnen. Das gehört dazu, aber ich erinnere mich auch an viele schöne Momente. Ich konnte, wie Martin Kaymer vor zwei Jahren in Chicago, den finalen Punkt zum Sieg in Valderrama 1997 für Europa holen. Und natürlich war es für mich ein unglaubliches Erlebnis, 2004 Kapitän des europäischen Teams zu sein. Damals haben wir in den USA mit dem Rekordergebnis von 18,5:9,5 gewinnen können. Wir waren an allen drei Tagen besser als die Amerikaner. So etwas kommt nicht oft vor und dass uns das auch noch bei einem Auswärtsspiel gelungen ist, hat den Erfolg erst recht unvergesslich gemacht.

Der Sieg als Kapitän ist für Sie demnach wertvoller als die Erfolge als Spieler?

Nein, das kann man so nicht sagen. Sie können die Rolle als Kapitän nicht mit der des Spielers vergleichen. Es ist eine ganze andere Erfahrung. Als Kapitän habe ich nicht einen Schlag gemacht und am Ende doch meinen Anteil am Sieg gehabt. Ich musste die Entscheidungen treffen und – ganz wichtig – die vier Spieler bei Laune halten, die ich nicht in den Vierern einsetzen konnte. Wenn ich Spieler bin, konzentriere ich mich nur auf mein eigenes Spiel und versuche den Punkt zu gewinnen. Als Kapitän kümmere ich mich überhaupt nicht um mich selber, sondern von früh bis spät nur um das Team. Mein Ziel war dabei, mehr richtige als falsche Entscheidungen zu treffen.

Nun ist Paul McGinley Kapitän des europäischen Teams. Trotz Ihrer starken Leistungen auf der Senioren-Tour hat er Sie nicht nominiert. Sind Sie deswegen enttäuscht?

Ich habe die Diskussionen natürlich mitbekommen und wurde auch immer wieder darauf angesprochen, gerade nach meinem klaren Sieg bei den British Senior Open Ende Juli. Paul McGinley hat mich auch angerufen und sich schon recht schwergetan, mir abzusagen. Er sagte, dass er mich schlecht beurteilen könne, weil ich ja nur beim US Masters gegen die Jüngeren angetreten sei. Okay, da bin ich Achter geworden und habe die meisten Jungen bezwungen. Letztlich ist McGinley der Kapitän und hat sich anders entschieden. Aber klar, ich wäre schon gern dabei gewesen.

Und hätten dann womöglich im ersten reindeutschen Zweier-Team der Ryder-Cup-Geschichte mit Martin Kaymer zusammengespielt.

Das wäre natürlich ein Traum für uns beide gewesen. Ich komme mit Martin sehr gut klar und hätte gern mit ihm nicht nur die deutschen, sondern auch die europäischen Farben beim Ryder Cup vertreten.

Ist Europa in Gleneagles Favorit?

Ich sehe Europa als leichten Favoriten, vor allem aufgrund des Heimvorteils. Wir haben zwar einige Spieler dabei, die gut in Form sind, aber auch andere, die zuletzt nicht so überragend gespielt haben. Aber ich glaube, den Amerikanern geht es da nicht viel anders.

Deutschland plant eine Bewerbung als Gastgeber für den Ryder Cup 2022: Was muss passieren, damit es im nächsten Jahr auch den Zuschlag gibt?

Für eine vielversprechende deutsche Bewerbung muss die Zustimmung der Politik höchste Priorität haben. Das war für 2018 nicht der Fall, deshalb hat letztlich Frankreich den Zuschlag erhalten. Eine Veranstaltung dieser Größenordnung kann aber nicht nur mit der Unterstützung von Bundes- und Landesregierungen funktionieren, auch die Industrie und Wirtschaft sind gefragt. Bei allen Berührungsängsten der Politiker mit dem Golfsport sollte man nicht außer Acht lassen, dass durch eine Großveranstaltung wie den Ryder Cup sehr viel wirtschaftlicher Nutzen entsteht. Ich hoffe sehr, dass sich inzwischen eine positivere Einstellung zu dieser Veranstaltung entwickelt hat.

Haben Sie den Eindruck, dass die deutsche Politik die Bedeutung des Ryder Cups nicht richtig erfasst?

Das kann gut möglich sein; denn leider wird der Ryder Cup im Pay-TV versteckt und damit quotentechnisch nicht gut vermarktet. Andererseits scheuen sich viele Politiker einfach davor, sich hinter den vermeintlich elitären Golfsport zu stellen, was passieren kann, wenn man nicht gut informiert wird. Und das ist die Aufgabe des Golfsports. Man muss die positiven Dinge des Ryder Cups sehen. Deutschland kann sich in der Welt von seiner besten Seite zeigen. Und dass wir große Sportwettkämpfe organisieren können, haben die letzten Jahre doch gezeigt.

Wie sehr würde der Golfsport in Deutschland von einer Austragung des Ryder Cups profitieren?

Den Ryder Cup nach Deutschland zu bringen, ist in einigen Bereichen vergleichbar mit der Ausrichtung einer Fußball-WM. Und das gibt letztlich jeder Sportart Auftrieb. Ein großer Nachteil ist, dass die Öffentlichkeit Golf eigentlich nie im Fernsehen sieht. Doch wie soll eine Sportart wachsen, wenn die Menschen, vor allem die Jugend, mit ihr im TV überhaupt nicht in Berührung kommen?

Groß Kienitz gilt als aussichtsreicher Bewerber für 2022. Wäre Berlin aus Ihrer Sicht der ideale Standort für einen Ryder Cup in Deutschland?

Berlin wäre sicherlich eine gute Wahl, aber aus meiner Erfahrung keine zwingende. Voraussetzung ist ein sehr guter Golfplatz, der zudem noch täglich 45 000 Zuschauer aufnehmen kann. Gut, bis 2022 ist noch genügend Zeit, man könnte also noch einen neuen Platz bauen. Dass nur Berlin die logistischen Anforderungen erfüllen kann, glaube ich nicht. Ich denke, dass das auch andere deutsche Großstädte könnten.

Wenn Deutschland 2022 den Zuschlag bekäme, würden Sie das europäische Team dann gern nochmals als Kapitän anführen?

Kapitän des Teams Europa in meinem Heimatland – ja, das könnte ich mir schon vorstellen. Aber zum einen hängt die Wahl des Kapitäns nicht von mir ab und zum anderen weiß ich auch nicht, was in acht Jahren passiert. Aber reizen würde mich diese Aufgabe ungemein.

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