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Die Europäer Ian Poulter (l.) und Graeme McDowell studieren im Training schon mal ihre Posen für den Wettkampf ein.

© Reuters

Golf: Ryder Cup: Wenn Gentlemen fanatisch werden

Der Ryder Cup ist kein normales Golf-Turnier. Auf dem Platz herrscht eine Atmosphäre wie im Fußballstadion. Doch beim prestigeträchtigen Duell zwischen Europa und den USA ist noch viel mehr ganz anders als sonst.

Der große Zahltag liegt nicht einmal eine Woche zurück: 11,35 Millionen Dollar Preisgeld hat der Amerikaner Jim Furyk am Sonntag für den Sieg bei der Tour Championship in Atlanta bekommen, er liegt auf Rang eins der Geldrangliste. Jetzt steht er auf dem Platz von Celtic Manor, irgendwo in Wales, und spielt um nichts als eine kleine, goldene Trophäe, genannt Ryder-Cup. Kein Preisgeld, nur die Ehre steht auf dem Spiel. Aber: „Nichts ist so bedeutend wie der Ryder-Cup. Es ist das wichtigste Golfturnier der Welt“, sagt er. Alle zwei Jahre wird es wechselweise in den USA und Europa ausgetragen.

„Ich muss meine Leute hier zum Teil beruhigen“, sagt Corey Pavin, Kapitän der Amerikaner. „Die Jungs sind derartig aufgeregt, weil sie hier spielen können.“ Die „Jungs“ sind die Elite des Golfsports , Männer wie Tiger Woods, Phil Mickelson, Steve Stricker oder Stewart Cink bilden neben Furyk den Kern des zwölfköpfigen US-Teams. In Celtic Manor steht für sie viel auf dem Spiel. Seit 1993 ist Europa auf dem eigenen Kontinent ungeschlagen. „Ich denke, wenn wir über Motivation sprechen, ist das Grund genug“, sagt Pavin. Sein Gegenpart, Colin Montgomerie, will vor allem eines: Die Erinnerung an die letzte Niederlage aus dem Jahr 2008 ausmerzen. „Unsere Motivation besteht darin, den Cup zurückzuholen.“

Zumindest auf dem Papier sprechen die Zahlen für ihn: Mit Lee Westwood, Martin Kaymer, Luke Donald, Rory McIlroy und Graeme McDowell bringt er vier Spieler aus den Top Ten der Weltrangliste und zwei amtierende Majorsieger mit. „Leider wird der Cup nicht auf dem Papier ausgetragen“, sagt Montgomerie ironisch.

Zahlenwerk und alte Titel sind hinfällig, wenn am Freitag der Starter die ersten zwei Vierer-Paarungen zum Abschlag bittet. Da drängeln sich 30 000 Zuschauer um die Bahnen, Fahnen werden geschwungen, Parolen gebrüllt, bei Offiziellen liegen die Nerven blank. Die Spieler, sonst Egoisten, verstehen sich drei Tage lang als Mannschaft. Der Erfolgsdruck ist unvorstellbar groß für einen, der noch nie dabei gewesen ist. „Was mache ich hier?“, hatte Montgomerie bei seinem ersten Einsatz 1991 panisch gefragt. „Warum wollte ich mich bloß für so etwas qualifizieren? Das, das, das, das ist ganz schrecklich!“, stotterte er. „Und obendrein sind auch noch Zuschauer da.“ Da stand er, der Individualist Montgomerie, um für Schottland, für Großbritannien, für Europa zu spielen und eine Sache zu entdecken, die größer und wichtiger war als er selbst.

Kapitän Montgomerie, der als Spieler bei acht Turnieren keines seiner acht Einzelmatches verlor, möchte diese Erfahrung nicht missen. Seine Neulinge Kaymer, Ross Fisher, die Brüder Edoardo und Francesco Molinari sowie Peter Hanson müssen sie erst noch machen. Zumindest am ersten Spieltag werden Routiniers wie Lee Westwood oder Miguel Angel Jiménez die Unerfahrenen führen müssen.

Gespielt wird am Freitag und Samstag nur im Vierer-Modus, zwei Golfer bilden ein Paar. Unterschieden wird zwischen klassischem Vierer, bei dem beide Spieler abwechselnd einen Ball schlagen, und Vierball-Bestball, bei dem jeder seinen eigenen Ball benützt und das beste Ergebnis pro Loch gewertet wird. Zum Einzel treten alle 24 Spieler erst am Sonntag an, wenn es darum geht, welches Team zuerst auf 14,5 Punkte und damit den Sieg kommt. Im Falle eines Unentschiedens können die USA den Pokal behalten.

Aus den Gentlemen werden ab Freitag fanatische Sportler, die sich oft schwer beherrschen können. Mit dem „Krieg an der Küste“, wie man die Ryder-Cup-Begegnung 1991 im amerikanischen Kiawah Island nannte, wurde das vermeintliche Spiel der Gentlemen zum Kampf um Alles oder Nichts. Nicht nur Colin Montgomerie, auch Corey Pavin gab damals sein Debüt im Ryder-Cup. Seitdem sind beide süchtig nach dem Kampf der Kontinente.

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