zum Hauptinhalt

Sport: Goliath gegen Goliath

Auch in der neuen Saison führt der Titelkampf nur über die Formel-1-Supermächte Ferrari und McLaren

Wenn man Norbert Haug nach seinem Ziel für die neue Formel-1-Saison fragt, erhält man folgende kryptische Antwort: „Wir würden gerne mit einem unserer Fahrer einen Punkt mehr machen als der beste Konkurrent und nicht mit zwei jeweils einen weniger wie in der letzten Saison.“ Die entklausulierte Version dieses Satzes aus dem Mund des Mercedes-Motorsportchefs lautet: Ferrari schlagen, egal wie. Vor dem Saisonauftakt am Sonntag in Melbourne geht nicht nur Haug von einer Neuauflage des Vorjahresduells um den Titel zwischen Ferrari gegen McLaren-Mercedes aus. Auch Christian Danner, Kommentator bei RTL, erwartet „die üblichen Verdächtigen“ vorn, und der dreimalige Weltmeister Niki Lauda spricht vom „Dauerkampf der Giganten“.

In der Tat haben die beiden Formel-1-Supermächte in den Vorbereitungstests den besten und vor allem schnellsten Eindruck gemacht. Wobei das Weltmeisterteam Ferrari dem Herausforderer momentan noch voraus zu sein scheint – die Schätzungen reichen von drei Zehnteln bis zu fast einer halben Sekunde pro Runde. Allerdings hat McLaren offenbar weniger Probleme mit der Zuverlässigkeit der Autos.

Ob aus dem sich anbahnenden Zweikampf der Rennställe auch in diesem Jahr ein Vierkampf der Piloten wird, hängt vor allem von der Rollenverteilung innerhalb der Teams ab. Bei Ferrari dürfte Kimi Räikkönen durch den WM-Titelgewinn sicher noch einmal an Selbstvertrauen gewonnen haben, außerdem ist das neue Auto stärker auf ihn zugeschnitten als das Vorjahresmodell. Teamkollege Felipe Massa denkt allerdings gar nicht daran, sich von Anfang an mit einer Rolle als Nummer zwei hinter dem Weltmeister zufriedenzugeben. Schließlich, so betont der Brasilianer immer wieder, seien es in der vergangenen Saison ja in erster Linie technische Probleme gewesen, die ihn am Ende aus dem Titelrennen warfen. „Kimi hat keinen Weltmeister-Bonus, es gibt bei Ferrari keine Nummer eins“, sagt er – vielleicht auch ein bisschen, um sich selbst Mut zu machen.

Eindeutiger abgesteckt sind die Fronten bei McLaren-Mercedes. Denn auch wenn Neuzugang Heikki Kovalainen, der den im Streit geschiedenen Fernando Alonso ersetzt, sich öffentlich ebenso selbstgewiss gibt wie Massa: Dass die Nummer eins bei den Silbernen 2008 eindeutig Lewis Hamilton heißen wird, steht eigentlich außer Frage. Nicht ohne Grund forderte Daimler-Chef Dieter Zetsche explizit Hamilton dazu auf, „den Schinken nach Hause“ zu bringen. Der Brite soll den Titel, der ihm und dem Team 2007 in den letzten Rennen noch aus den Händen glitt, mit einem Jahr Verspätung holen. Dass Ferrari im Moment einen Schritt voraus zu sein scheint, muss noch nichts bedeuten – das sah 2007 vor Saisonbeginn genauso aus, änderte sich dann aber erst einmal ziemlich schnell.

Offen bleibt nur, wie McLaren-Mercedes das schwierige Jahr 2007 überwunden hat, dessen Ausläufer noch immer über das Team schwappen. Da wären etwa die laufenden Untersuchungen der italienischen Staatsanwaltschaft in der Spionageaffäre und die Diskussionen um Teamchef Ron Dennis, die auch nach seiner öffentlichen Ankündigung zum Weitermachen noch nicht verstummt sind. Das alles ist wenig hilfreich für die Ruhe und Stabilität im Rennstall. Dazu kommt noch eine Unbekannte: Wie kommt der 23-jährige Hamilton damit zurecht, nun der alleinige Teamleader zu sein, auf dem die Hauptverantwortung ruht? Vor allem in der technischen Detailarbeit dürfte der geräuschvolle Abgang von Doppel-Weltmeister Fernando Alonso nur schwer zu kompensieren sein.

Hinter Ferrari und McLaren-Mercedes, die 2007 alle 17 Rennen unter sich ausmachten, scheint auch in diesem Jahr erst einmal ein Lücke zu klaffen: Noch hat BMW-Sauber das Ziel, zu den Großen aufzuschließen, wohl nicht ganz erreicht. Doch trotz der auffällig unauffälligen Testzeiten von Nick Heidfeld und Robert Kubica bleibt Teamchef Mario Theissen bei der Vorgabe: „Wir wollen in diesem Jahr unseren ersten Grand Prix gewinnen.“ Und auch Alonso glaubt, „dass BMW viel stärker ist, als sie aussehen. Die haben beim Testen nur geblufft – lasst uns mal Melbourne abwarten.“

Vielleicht aber will der Spanier auch nur für den Fall vorbauen, dass er mit seinem Renault nicht einmal in Schlagdistanz zu BMW kommt, von Ferrari und McLaren ganz zu schweigen. Bei seinem neuen alten Team steht ihm noch einiges an Arbeit bevor – aus dem Kreis der Titelkandidaten hat er sich daher vorsorglich schon einmal selbst hinausgeredet. Dennoch ist er unabhängig von der sportlichen Situation „hier viel glücklicher, als ich es im letzten Jahr war“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false