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Rundgang. Der WM-Führende Sebastian Vettel und seine Ferrari-Techniker inspizieren den Kurs in Le Castellet.

© Boris Horvat/AFP

Grand Prix in Le Castellet: Formel 1 kehrt an die Côte d'Azur zurück

Die Formel 1 ist nach zehn Jahren Pause zurück in Frankreich, wo der Motorsport erfunden wurde. Eine Historie.

Die Vision eines Schnapshändlers führt die Formel 1 zurück zu ihren Ursprüngen. Reich geworden mit dem hochprozentigen Pastis, ließ der Geschäftsmann Paul Ricard einst zu Werbezwecken eine Strecke in das Hinterland der Côte d’Azur bauen, die an diesem Wochenende zum Schauplatz des Frankreich-Comebacks der Rennserie wird. Nach zehn Jahren macht die Formel 1 wieder Station in dem Land, das den Motorsport erfand. „Eine echte Demütigung“ sei die lange Pause für die Franzosen gewesen, behauptet Rennchef Christian Estrosi.

Der frühere Bürgermeister von Nizza, der vor seiner Karriere als Politiker als Motorradpilot WM-Läufe fuhr, holte die Formel 1 nach langen Verhandlungen zurück. Rund 30 Millionen Euro müssen die Organisatoren dafür investieren, nur knapp die Hälfte davon ist durch öffentliche Subventionen gedeckt.

Bevor die französischen Fans das Formel-1-Spektakel jedoch endlich wieder genießen können, zwingen die Serpentinen und der kilometerlange Stau auf der Anfahrt zum Hochplateau von Le Castellet zur Entschleunigung. Wer es sich leisten kann, landet deshalb mit dem Helikopter auf dem Privatflugplatz gleich neben dem Fünf-Sterne-Hotel am Haupteingang zur Strecke. Am Donnerstag aber ist von Vip-Gästen noch nichts zu sehen, Schulklassen suchen bei mehr als 30 Grad Celsius Schattenplätze auf den Tribünen und bejubeln ein paar Sportwagen bei Showrunden.

Das erste Autorennen fand zwischen Paris und Rouen statt

Am Freitag dann wird erstmals nach 28 Jahren wieder ein offizielles Formel-1-Training auf dem Circuit Paul Ricard gefahren. Nach dem letzten Grand Prix in Le Castellet war bis 2008 noch Magny-Cours Gastgeber für die Formel 1 in Frankreich und erlebte in dieser Zeit gleich acht Siege von Michael Schumacher. Dann wurde den Franzosen der Spaß zu teuer.

Es war ein echter Kulturbruch, wo doch 1894 zwischen Paris und Rouen das erste Autorennen der Geschichte ausgefahren worden war. 1906 wurde in Le Mans zum ersten Mal ein Rundstrecken-Rennen als Grand Prix veranstaltet. Und 1950, im Gründungsjahr der Formel 1, gehörte Frankreich mit einem Großen Preis in Reims zu den sieben Rennen des ersten Saison-Kalenders. „Frankreich war immer Teil der Geschichte der Formel 1, auf jede erdenkliche Weise“, sagt der viermalige Weltmeister Alain Prost.

Sechsmal hat Prost sein Heimrennen in Frankreich gewonnen, viermal davon auf dem Circuit Paul Ricard. Damit ist der 63-Jährige dort der Rekordsieger. Der letzte Grand-Prix-Sieg eines Franzosen allerdings liegt schon 22 Jahre zurück, Olivier Panis triumphierte 1996 im Chaos von Monaco. In diesem Jahr stellt Frankreich mit drei Piloten immerhin die größte Fraktion im Fahrerfeld. Neben Romain Grosjean (32) aus dem Haas-Team lassen vor allem der 21 Jahre alte Esteban Ocon (Force India) und der 22 Jahre alte Pierre Gasly (Toro Rosso) die französischen Fans auf eine erfolgreiche Zukunft hoffen.

Heimspiel für Renault

Auch der Renault-Rennstall peilt beim Heimspiel eine Überraschung an. Pilot Nico Hülkenberg, der im zweiten Jahr für das Team des französischen Autobauers fährt, will sich davon aber nicht zusätzlich unter Druck setzen lassen. „Wenn du es extra gut machen willst, geht es extra in die Hose“, sagte der 30-Jährige am Donnerstag. „Es ist nur eins von 21 Rennen“, betonte Hülkenberg und mahnte seine Renault-Kollegen zur Gelassenheit. „Wir geben immer 100 Prozent und sollten nichts anders machen als sonst“, sagte der Rheinländer.

Noch allerdings wirkt das Interesse in der Heimat am Comeback der Formel 1 etwas schüchtern, zumal derzeit die Fußball-Nationalelf bei der WM in Russland die Titelträume der Grande Nation trägt. Auf 65 000 Zuschauer hoffen die Gastgeber an jedem der drei Grand-Prix-Tage. 90 Prozent der Tickets seien verkauft, beteuert Rennchef Estrosi. Einnahmen, die dringend benötigt werden, um die hohen Kosten zu refinanzieren.

Bezahlt werden will übrigens auch ein gewisser Bernie Ecclestone. Über einen Treuhandfonds seiner Familie kaufte der frühere Formel-1-Chef schon vor Jahren den Circuit Paul Ricard und machte ihn zur supermodernen Teststrecke. Dass ausgerechnet der aufs Altenteil abgeschobene Ecclestone nun kräftig am neuesten Rennen im Kalender mitverdient, dürfte seinen Nachfolgern an der Formel-1-Spitze kaum gefallen. (dpa)

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